Bleibeperspektive müsse ausgeweitet werden

Erzbischof Heße warnt vor falschen Versprechen in Asyldebatte

Veröffentlicht am 22.10.2024 um 18:48 Uhr – Lesedauer: 

Osnabrück ‐ Schnelle Lösungen in der Migrationspolitik? Brandgefährlich, warnt Flüchtlingsbischof Stefan Heße. Er kritisiert eine hitzige Asyldebatte und Forderungen nach immer härteren Maßnahmen und erinnert an Grundrechte.

  • Teilen:

Im Umgang mit Migration ruft Flüchtlingsbischof Stefan Heße zu mehr Besonnenheit auf. "In der hitzigen Asyldebatte überbietet ein harter Vorschlag den anderen", schreibt Hamburgs Erzbischof in einem Gastbeitrag in den Zeitungen der Osnabrücker Verlagsgruppe Bistumspresse (Sonntag). "Halt gemacht wird von manchen dabei auch nicht vor den Grundrechten wie dem individuellen Recht auf Asyl. Es wird mit Emotionen gespielt, schnelle und einfache Lösungen werden versprochen. Dabei ist es brandgefährlich, falsche Erwartungen zu wecken", so der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz.

Anstelle neuer Gesetzesverschärfungen müssen nach Ansicht von Heße bestehende Gesetze besser als bisher umgesetzt werden – auf nationaler und auf europäischer Ebene. Wichtig sei auch die Ausweitung von Bleibeperspektiven für Menschen, die bereits gut integriert seien. Insbesondere gelte es, aufnehmende Kommunen effektiv zu unterstützen. Bürokratische Hürden müssten beseitigt werden, um die Integration etwa auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern. "Denn gerade auch in der kirchlichen Flüchtlingshilfe sehen wir: Menschen, die hier eine neue Heimat suchen, wollen sich integrieren."

"Flüchtlinge sind keine Sozialschmarotzer"

Heße fordert, aufzuräumen mit populistischen Vorurteilen – wie zum Beispiel der Behauptung, Geflüchtete seien vorrangig "Sozialschmarotzer" oder junge, "arbeitsscheue" Männer. "Fakt ist: Ob Frauen, Kinder, junge Männer oder Familien – Menschen, die ihre Heimat verlassen, haben meist sehr schwerwiegende Gründe dafür."

Weltweit sind laut dem Bischof so viele Menschen wie noch nie zuvor auf der Flucht – vor Gewalt, Krieg und menschenunwürdigen Bedingungen. "Täglich erreichen uns Bilder aus dem Nahen Osten, der Ukraine, dem Sudan und vielen weiteren Regionen, die uns das schmerzlich vor Augen führen. Vermeintlich abschreckende Härten wie gekürzte Sozialleistungen, verschärfte Abschiebungsmaßnahmen oder nationale Abschottung hindern diese Menschen nachweislich nicht an der Flucht." (KNA)