Streit um "Oberindianer": Georg Austen verteidigt Udo-Lindenberg-Hit
Der Generalsekretär des Bonifatiuswerks, Georg Austen, zeigt sich irritiert über die aktuelle Rassismus-Diskussion um das Wort "Oberindianer" in dem bekannten Udo-Lindenberg-Lied "Sonderzug nach Pankow". Zwar sei es "immer gut und wichtig, mit Sprache und Bildern sensibel und respektvoll umzugehen. Wichtig ist es aber auch, Texte und Bilder aus der Vergangenheit im Kontext ihrer jeweiligen Entstehung zu sehen", sagte Austen, der seit vielen Jahren mit dem Sänger befreundet ist, am Mittwoch auf Anfrage von katholisch.de.
Er glaube nicht, dass sich die Gesellschaft einen Gefallen tue, wenn sie "im Sinne einer Sprachpolizei" Liedtexte umschreibe, weil diese aus heutiger Sicht nicht mehr korrekt seien. Etwas anderes sei es selbstverständlich, wenn Texte und Fotos gegen Recht und Gesetz verstießen oder menschenverachtend seien. "Im Einzelfall kann es richtig sein, eine solche Entscheidung zu treffen, aber in diesem konkreten Fall kann ich das persönlich nicht nachvollziehen. Der Begriff 'Oberindianer' ist aus meiner Sicht nicht verletzend gegenüber der indigenen Bevölkerung gemeint, sondern eine ironische Anspielung auf Erich Honecker", sagte der Generalsekretär des katholischen Diaspora-Hilfswerks weiter.
Berliner Humboldt-Forum will "Oberindianer" aus Liedtext streichen
Am Dienstagabend war bekannt geworden, dass das Berliner Humboldt-Forum bei einem Chorkonzert Mitte November, bei dem auch das Lied "Sonderzug nach Pankow" gesungen werden soll, für die Aufführung das Wort "Oberindianer" aus dem Liedtext streichen will. Die Entscheidung sei nach einer offenen Diskussion mit den Chören und der künstlerischen Leitung gefallen, erklärte das Humboldt-Forum. Und weiter: "Auch wenn das Wort in dem Lied in seiner Entstehungszeit 1983 eine metaphorische Konnotation hatte – und es sich damals satirisch-kritisch auf Erich Honecker bezog – sind wir uns auch bewusst, dass in dem Wort die Gewaltgeschichte der Kolonisierung indigener Bevölkerungsgruppen nachklingt."
Das Wort werde von vielen indigenen Menschen und Besuchern als diskriminierend und rassistisch wahrgenommen, betonte das Humboldt-Forum. "Diese Sichtweise nehmen wir ernst und respektieren wir." Man wolle deshalb "mit Sprache und mit Bildern sehr sensibel und respektvoll umgehen". Die Entscheidung der Stiftung löste am Mittwoch vor allem in den sozialen Netzwerken scharfe Kritik aus. Bei "X" (vormals Twitter) trendete zwischenzeitlich der Begriff "Oberindianer".
Austen sieht durch Eingriff in den Liedtext die Freiheit der Kunst tangiert
Austen kritisierte gegenüber katholisch.de weiter, dass durch den Eingriff in den Liedtext die Freiheit der Kunst tangiert werde. Zudem sprach er sich für einen Austausch des Humboldt-Forums mit dem Sänger aus. Ein solcher wäre, falls es ihn nicht gegeben habe, im Vorfeld sicher sinnvoll und richtig gewesen. "Vielleicht wäre man dann zu einer anderen Entscheidung gekommen. So wie ich Udo Lindenberg kennen- und schätzen gelernt habe, ist er immer ein Menschenfreund, der kein Blatt vor den Mund nimmt und Grenzen und Mauern abreißen will. Er hat den Menschen in der damaligen DDR Mut gemacht, auch mit dem Lied 'Sonderzug nach Pankow'", so Austen.
In dem 1983 veröffentlichten Lied geht es um den Wunsch Lindenbergs, in der damaligen DDR auftreten zu dürfen – ein Ansinnen, das über Jahre hinweg von den SED-Machthabern abgelehnt wurde. In dem Lied thematisiert Lindenberg seinen Frust über das Auftrittsverbot und sein Anliegen, das Thema direkt mit dem damaligen SED-Chef und DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker zu besprechen. Wörtlich heißt es in dem Song unter anderem: "Entschuldigen Sie, ist das der Sonderzug nach Pankow? Ich muss mal eben dahin, mal eben nach Ost-Berlin. Ich muss da was klär'n mit eurem Oberindianer. Ich bin ein Jodeltalent und will da spiel'n mit 'ner Band." (stz)