Standpunkt

Vom Schmerz zur Solidarität: Teilen verbindet

Veröffentlicht am 06.11.2024 um 00:01 Uhr – Von Schwester Gabriela Zinkl – Lesedauer: 

Bonn ‐ Schlamm auf den Straßen und verzweifelte Blicke: Katastrophen wie die aktuelle in Spanien reißen alte Wunden auf, wecken Erinnerungen, aber auch Solidarität, kommentiert Schwester Gabriela Zinkl und erzählt von der Geste einer katholischen Gemeinde.

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Wie erschreckend sich die Bilder gleichen: Vernichtende Schlammlawinen, Autos, aufgetürmt und demoliert wie Blechdosen, verzweifelte Menschen vor dem Abgrund ihrer Existenz; Kirchenräume, die kurzfristig als Ausgabestellen für Essen, Kleidung, Duschgel etc. dienen. Wer hierzulande die Nachrichten zur Sturmflut in Spanien verfolgt, fühlt sich an ein Déjà-vu erinnert. Binnen weniger Stunden führten sintflutartige Regenfälle zu verheerenden Überschwemmungen in Katalonien und Valencia, 2021 wurde das beschauliche Ahrtal von einer Katastrophe ähnlichen Ausmaßes heimgesucht. In beiden Regionen sind die Zerstörungen durch die Kräfte der Natur gewaltig. Die Suche nach Überlebenden bleibt mühsam. Schon jetzt gibt es 200 Todesopfer in Spanien, im Ahrtal wurden 135 tot geborgen, bis heute gibt es dort Vermisste.

Vergleiche können hilfreich sein, aber auch verstörend wirken. Im Weinort Dernau an der Ahr sind bei der Sturmflut 2021 rund 90 Prozent der Häuser unterschiedlich stark beschädigt worden. Die Schäden in der knapp 1.400 Einwohner zählenden Gemeinde belaufen sich auf fast 90 Millionen Euro. Drei Jahre nach der Flut ist vieles wieder aufgebaut, vieles noch immer nicht ersetzt, geschweige denn seelisch verheilt. Nicht wenige an der Ahr meiden in diesen Tagen Bilder der Flut aus Spanien, weil sie bei ihnen traumatische Erinnerungen wecken.

Es ist gängige Annahme, dass wir Menschen bei Katastrophen zu Massenpanik, Ohnmacht, Egoismus oder kriminellen Verhaltensweisen neigen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien offenbaren aber ein deutlich optimistischeres Bild. Die große Hilfsbereitschaft vieler Freiwilliger nach der Sturmflut in Spanien wie 2021 im Ahrtal hat das unter Beweis gestellt.

Just in diesen Tagen, wo das Fest des heiligen Martin vor der Tür steht, sind Mitglieder der katholischen Pfarrgemeinde im Ahrdorf Dernau auf die Idee gekommen, das Teilen wörtlich zu nehmen. Die, die selbst so unter der Flut gelitten haben, werden bei ihrem Martinsmarkt am Wochenende in den Gottesdiensten Geld für die Flutopfer in Valencia sammeln und dies der dortigen Caritas übergeben. "Teilen verbindet" lautet das Motto und macht dem Tun des Martin von Tours alle Ehre.

Von Schwester Gabriela Zinkl

Die Autorin

Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen, promovierte Theologin (Kirchenrecht) und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.