Geweihte Jungfrau: "Jesus ist mein Bräutigam"
Schon als Jugendliche verspürte Bernadette Lang eine besondere Nähe zu Gott. Sie ist in Oberösterreich, in Kopfing, in der Nähe von Passau mit drei Geschwistern aufgewachsen. Ihre Familie ist gläubig, berichtet die 33-Jährige. Der regelmäßige Besuch der Gottesdienste gehörte für sie schon immer dazu. Nach der Erstkommunion ministrierte sie sogar. Ihren Kindheitsglauben beschreibt sie als traditionell, aber "eher langweilig". Gemeinsam mit anderen Jugendlichen wollte sie sich mehr in ihrer Kirchengemeinde einbringen und gründete eine Musikband, organisierte Treffen, gestaltete Gottesdienste mit und begann sich intensiver mit ihrem Glauben auseinanderzusetzen. Dann kommt sie mit der Loretto-Gemeinschaft in Berührung, die in der Nachbargemeinde Gottesdienste gestaltet. "Das passte einfach", meint sie, denn "die hatten dieselben Lieder wie wir" und den gleichen "Spirit". Mit 14 fährt sie das erste Mal zu einem Jugendfestival nach Medjugorje, einem bekannten Marienwallfahrtsort in Bosnien-Herzegowina. Dort beeindruckt sie der lebendige Glauben der Menschen. Und Lang ist sich sicher: "Gott hat mit mir gesprochen." Danach beginnt sie sich mehr mit der Bibel zu beschäftigen, liest vor allem das Neue Testament.
Nach dem Abitur studiert Bernadette Lang Katholische Theologie und Religionswissenschaften in Salzburg und möchte danach für die Kirche arbeiten, am liebsten als Religionslehrerin. "Weil ich meinen Glauben nicht nur hinterfragen und mit Argumenten erklären wollte, sondern vor allem mit dem Herzen weitergeben", erläutert die studierte Theologin ihre Beweggründe. Nach einem Gemeindepraktikum beginnt sie für die Loretto-Gemeinschaft zu arbeiten und leitet bald danach die HOME Base, eine katholische Akademie, die junge Menschen in ihrem Christsein bestärken und dazu befähigen möchte, stärker in die Gesellschaft hineinzuwirken. An der konfessionellen Einrichtung der geistlichen Gemeinschaft Loretto arbeitet die 33-Jährige im Auftrag der Erzdiözese Salzburg. Dort werden nach eigenen Angaben junge Erwachsene dafür trainiert, anderen das Reich Gottes zu verkündigen. An der Akademie ist Lang für die Bereiche Jüngerschaft, Nachfolge und Persönlichkeitsbildung zuständig, hält verschiedene Kurse und Vorträge zu Glaubensthemen und gestaltet das inhaltliche Programm der Bildungsstätte mit. Im Gebäude, in dem sie arbeitet, wohnt sie auch. Gemeinsam mit 40 anderen jungen Erwachsenen, die zum Teil ehrenamtlich mithelfen oder neben ihrem Studium oder Beruf eine Glaubensausbildung dort absolvieren. Gefördert wird die Einrichtung von der Erzdiözese Salzburg und der Loretto-Gemeinschaft, aber auch Spenden spielen eine große Rolle für die Finanzierung.
Schon mehr als 250 Absolventen hat die Salzburger Jüngerschaftsschule der Loretto-Gemeinschaft. Im Hausflur des Akademiegebäudes hängen schön aufgereiht Bilder von ehemaligen Kursteilnehmern. Weil gerade eine Vorlesung zu Ende gegangen ist, strömen junge Menschen an Bernadette Lang, die am Laptop sitzt, vorbei. Viele von ihnen nehmen an dem neun Monate dauernden Glaubenskurs teil, den sie zum Teil auch selbst bezahlen. Es gibt an der Loretto-Einrichtung sogar Kurse für Kinder, Teenager und Erwachsene. Sie sei selbst immer wieder überrascht, welch großes Interesse die unterschiedlichen Angebote bei den Menschen finden, sagt die Theologin. Lang arbeitet hier gerne, das Leben in Gemeinschaft mit anderen gefalle ihr. Konflikte würden in der Hausgemeinschaft offen besprochen, ergänzt sie, Liebesbeziehungen seien für die Kursteilnehmer aber tabu. Sie lacht.
Früher lebte sie in einer Partnerschaft
Vor einem Jahr empfing Bernadette Lang in einem Gottesdienst im Salzburger Dom die Jungfrauenweihe. Den Wunsch dazu hatte sie schon länger. Doch sie musste erst noch abwarten, denn das Mindestalter für Weihekandidatinnen ist 30 Jahre. Auf die Weihe selbst hat sich die Pastoralassistentin intensiv vorbereitet. Dabei wurde sie zum Beispiel von einer anderen geweihten Jungfrau aus der Erzdiözese Salzburg begleitet. So konnte sie in vielen Gesprächen selbst prüfen, ob diese besondere Lebensform überhaupt zu ihr passt und sie so leben möchte, blickt sie zurück. Erst habe sie sich schon gefragt, ob das Leben als geweihte Jungfrau für sie überhaupt richtig sei, berichtet Bernadette Lang. Auch weil sie früher in einer Partnerschaft gelebt hatte. Doch ihre Liebe zu Jesus war stärker, so die Theologin. In einer Ordensgemeinschaft wollte sie hingegen nicht leben. Es gefällt ihr besser, ihr Leben in junge Menschen zu investieren und so eine "spirituelle Mutterschaft" leben zu können, sagt sie. Genauso könne sie es heute an der Loretto-Akademie tun.
Ihre Jungfrauenweihe wurde 2022, am Hochfest Mariä Himmelfahrt, live im Internet übertragen. Es waren einige Medien da, um darüber zu berichten, freut sich Lang. Aus ihrer Heimatgemeinde seien Freunde und Bekannte nach Salzburg angereist, um dabei zu sein. An den Moment, als sie im weißen Brautkleid in den vollbesetzten Salzburger Dom eingezogen ist, erinnert sie sich gerne. "Vielleicht war es auch ein wenig skandalös", sagt sie nachdenklich. Auch, dass ihr der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer während der Feier den weißen Schleier überreichte, mag manche überrascht haben. Doch das Ritual stehe in einer langen Tradition der Kirche, erklärt die Theologin. Eine Freundin hat ihr den Brautschleier dann auf den Kopf gesetzt. Für Bernadette Lang war das ein Zeichen dafür, dass sie nun zu Jesus gehört. Auch den Ring, der für ihre Jungfrauenweihe angefertigt wurde, hat ihr der Weihbischof während der Jungfrauenweihe auf den Finger geschoben. Das fand sie in Ordnung, weil er ein Vertreter der Kirche sei, erklärt Lang.
Beim Weihegebet während der Feier, seien ihr dann die Tränen gekommen. Es habe sie sehr berührt, endlich "ganz zu Gott zu gehören". Auf ihrem Ring hat sich die 33-Jährige einen Bibelvers aus dem Alten Testament eingravieren lassen. Der Satz aus dem Hohenlied lautet: "Ich gehöre meinem Geliebten, mein Geliebter mein Leben lang." Bernadette Lang sieht sich als Braut Christi, daher passte dieser Spruch für sie zu ihrer Jungfrauenweihe. "Jesus ist mein Bräutigam", betont sie. Für sie sei das wie eine richtige Liebesbeziehung. Mit Jesus spreche sie jeden Tag. Sie höre ihm zu und frage ihn, was er sich von ihr wünsche. Es sei ein inniges Miteinander, eine Ganzhingabe, erklärt sie. Sie verstehe ihre Beziehung zu Gott als mystische Vereinigung, als "unio mystica", so wie es schon die mittelalterlichen Liebesmystiker beschrieben haben. Auch wenn sie weiß, dass Jesus ihr nicht exklusiv gehöre. Den kirchlichen Lebensstand der geweihten Jungfrau gibt es schon seit dem Mittelalter. Etwa 50 geweihte Jungfrauen soll es in Österreich geben. In Deutschland über 100. Weltweit sind es nach eigenen Angaben fast 5.000 geweihte Jungfrauen. Mit manchen davon steht Bernadette Lang in regelmäßigem Austausch. Die meisten sind jedoch älter als sie. "Wir Frauen bestärken uns gegenseitig und beten füreinander", erzählt sie. Wenn eine der Frauen Hilfe brauche, "dann versuchen wir einander weiterzuhelfen, auch finanziell", berichtet Lang. Für sie sei das "echte Schwesternschaft".
Nach ihrer Jungfrauenweihe hat Bernadette Lang eine Hochzeitsreise ins Heilige Land unternommen – mit Jesus. Mit dabei hatte sie auch ihr Stundenbuch, aus dem sie seit ihrer Weihe täglich betet. Als geweihte Jungfrau möchte Bernadette Lang auch ein Vorbild für andere junge Menschen sein. Wenn sich jemand bei ihr melde und gerne mehr darüber wissen möchte, wie sie ihr Leben aus dem Glauben lebe, dann freue sie das sehr.
Erst kürzlich hat die 33-jährige Österreicherin ein Buch über ihr Leben als geweihte Jungfrau geschrieben. Mit der Kirche als Institution hadert die ausgebildete Theologin kaum. Negative Schlagzeilen oder Strukturdebatten lächelt sie eher weg. Sie versuche bei Vorträgen und Kursen anderen zu zeigen, dass es sich lohnt, ein Leben im christlichen Glauben zu führen. Zu einem kirchlichen Weiheamt hingegen fühlt sich Lang nicht berufen. "Mein Orden ist die Welt", freut sich die Theologin.