Missbrauchsprozess gegen Bistum Hildesheim: Gericht regt Mediation an
Im Schmerzensgeldprozess des mutmaßlichen Missbrauchsbetroffenen Jens Windel gegen das Bistum Hildesheim hat das Landgericht Hildesheim ein Mediationsverfahren angeregt. In einer mündlichen Verhandlung am Freitag nahmen beide Seiten einen entsprechenden Vorschlag von Richter Jan-Michael Seidel an. Zuvor hatte er durchblicken lassen, dass Windel mit seiner Forderung nach 400.000 Euro auf dem Rechtsweg wohl keinen Erfolg haben würde. Die von ihm geschilderten Taten seien nach Auffassung des Gerichts verjährt. Das bedeute aber nicht, dass Windel keine Ansprüche mehr gegen das Bistum stellen könne. "Wir könnten uns vorstellen, dass die Zahlung eines Schmerzensgelds eine gewisse Genugtuung bei Herrn Windel entfalten könnte", begründete Seidel seinen Vorschlag. Über die Höhe könnten die beiden Seiten nun in dem Mediationsverfahren unter Aufsicht eines Güterichters sprechen.
Windel ist nach eigener Aussage als Kind Mitte der 1980er-Jahre von einem Priester über zwei Jahre hinweg wiederholt sexuell schwer missbraucht worden. Deshalb hatte er das Bistum auf 400.000 Euro nebst Zinsen verklagt. Die Diözese hatte seine Forderung zunächst zurückgewiesen und sich darauf berufen, dass die geschilderten Taten verjährt seien. Zuvor hatte sie eine außergerichtliche Einigung abgelehnt. "Wir sind gütebereit", erklärte Kläger-Anwalt Christian Roßmüller. "Herr Windel wollte diese Klage nicht. Er wollte eine außergerichtliche Einigung anstreben." Windel selbst sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), die Argumentation des Gerichts habe ihn zunächst schockiert. Ein Mediationsverfahren sei jedoch in seinem Interesse.
Bistum will Rechtssicherheit
Der Anwalt des Bistums, Stefan Weisbrod, sagte nach einem Telefonat mit Bischof Heiner Wilmer und Generalvikar Martin Wilk, der Diözese gehe es eigentlich darum, Rechtssicherheit zu erlangen. Die Argumentation des Gerichts sei sehr überzeugend. Dennoch wolle das Bistum Gesprächsbereitschaft signalisieren. Richter Seidel führte aus, das Gericht sei bei der Vorberatung zu dem Schluss gelangt, dass die Einrede der Verjährung in dem Fall durchgreifen würde. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch würden Taten nach 30 Jahren verjähren oder im dritten Jahr, nachdem ein Kläger davon Kenntnis erlangt habe. Windel habe angegeben, dass er die mutmaßlichen Taten zunächst verdrängt habe. Erst 2013 seien sie ihm durch einen Autounfall wieder ins Bewusstsein gerufen worden. Demnach würden sie spätestens Ende 2015 verjährt gewesen sein, so Seidel.
Aktivisten der Giordano-Bruno-Stiftung demonstrierten mit der Skulptur eines schlafenden Bischofs vor dem Landgericht gegen die Haltung des Bistums. Johannes Norpoth, Vertreter des Betroffenenbeirats bei der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), kritisierte, dass die Diözese Verjährung geltend macht. Damit mache die Kirche wieder einmal deutlich, dass es ihr um Eigenschutz und nicht um das Wohl des Betroffenen gehe, schrieb er auf dem Münsteraner Internetportal "kirche-und-leben.de". (KNA)