Netflix-Film "Maria": Biblisches Drama sorgt für Diskussionen
Religion bleibt ein faszinierendes Thema für Filmemacher: Während derzeit Edward Bergers "Konklave" mit Ralph Fiennes und Stanley Tucci in den Kinos für Spannung sorgt, entführt Netflix sein Publikum in diesem Winter ins antike Judäa. Im Mittelpunkt steht die Weihnachtsgeschichte – erzählt aus einer neuen, eindringlichen Perspektive: der von Maria von Nazareth, der Mutter Jesu. Der Film "Mary" (Maria) schildert die bekannte Flucht von Maria, Josef und ihrem neugeborenen Sohn Jesus vor der mörderischen Verfolgung durch König Herodes.
Doch diesmal wird die Geschichte durch die herausragende Besetzung noch intensiver: Der zweifache Oscar-Preisträger Anthony Hopkins schlüpft in die Rolle des tyrannischen Herodes. Die israelischen Schauspieler Noa Cohen und Ido Tako verkörpern Maria und Josef und verleihen den biblischen Figuren neue Tiefe. Aus 75 Frauen, die am Casting teilnahmen, wurde die Newcomerin Cohen ausgewählt. Sie hat bereits in einigen israelischen Filmen und Fernsehserien mitgespielt, darunter "Silent Game" (2022) und "8200" (2024), aber der Film über die Mutter Jesu ist eine ihrer bisher größten Rollen vor einem internationalen Publikum.
Bischof an Film beteiligt
Regisseur Daniel John Caruso, bekannt für Thriller wie "Disturbia" (2007), "Eagle Eye" (2008) oder die zweite Fortsetzung des erfolgreichen Actionfilms "xXx - Triple X" (2017), wagt sich mit Mary in ein etwas anderes Genre: ein biblisches Coming-of-Age-Drama. Er selbst beschreibt den Film in einem Interview mit "Entertainment Weekly" als die Geschichte einer "klugen, willensstarken jungen Frau", die gegen alle Widerstände ihren Weg geht. Maria kämpft nicht nur gegen gesellschaftliche Stigmatisierung und die Verfolgung durch Herodes, sondern trägt auch die immense Last ihres weltverändernden Schicksals.
Interessanterweise wurde das Drehbuch bereits 2020 geschrieben und später von einem interreligiösen Team bestehend aus christlichen, jüdischen und muslimischen Beratern überarbeitet. Auch der im Februar 2023 ermordete Weihbischof David G. O'Connell von Los Angeles in den USA, ein enger Freund Carusos, war maßgeblich an der Entstehung des Films beteiligt und inspirierte den Regisseur, einen Streifen über die Mutter Jesu zu drehen. Darüber hinaus wollte Caruso eine weitere Figur in den Mittelpunkt rücken – Josef. "Josef hat keine Stimme in der Heiligen Schrift, aber er ist eine so zentrale Figur. Denke daran, was er durchmachen musste und wogegen er ankämpfen musste", erinnert sich Caruso an die Worte seines Bischofsfreundes.
Er selbst hatte das Gefühl, dass die Geschichte Marias unterschätzt wurde. "Am Ende war ich wirklich bewegt von der Idee, eine Geschichte aus ihrer Perspektive zu erzählen: wie es war, sie zu sein und all das zu erleben, von der Kindheit bis zur Geburt [Christi] und all das. Aber eigentlich wollte ich nur sagen: Hier ist diese junge Frau, die Schwierigkeiten hatte, die Zweifel hatte, die Ängste hatte, aber am Ende dieses wunderbare Fiat angenommen hat", so Caruso weiter.
Kritik an Mariendarstellung und Casting
Doch der Film polarisiert bereits vor seiner Erstausstrahlung auf Netflix. Konservative Kritiker werfen dem Streaming-Giganten und Regisseur Caruso nun vor, die katholische Lehre falsch darzustellen. Vor allem die Darstellung der Beziehung zwischen Maria und Josef, die weniger keusch und mehr romantisch interpretiert wird, sorgte in den sozialen Netzwerken für Empörung und heftige Kritik. Auch die Geburt Jesu und Marias Zweifel an Gottes Plan stießen in diesem Zusammenhang in einzelnen Kommentaren zum Film auf starken Widerstand. Auf den gängigen Plattformen wurde sogar zum Boykott aufgerufen. Zudem stören sich konservative Kritiker an den Beschreibungen des Regisseurs und bezeichnen diese als irreführend, da sie eher aus dem liberalen Spektrum und einer feministischen Perspektive zu kommen scheinen, wenn es heißt, Maria sei eine kluge und willensstarke junge Frau gewesen, die aber auch Zweifel und Probleme gehabt habe.
Das katholische Portal "Ucanews" konterte in einem Artikel und verteidigte die neue Perspektive, die der Film biete: "Diejenigen, die zum Boykott aufrufen, gehen offenbar davon aus, dass jeder Film über Maria mit der katholischen Tradition übereinstimmen muss." Eine solche Haltung spiegele eher die eigene Voreingenommenheit der Kritiker wider als den künstlerischen Wert des Films. "Der Film soll weder die katholische Interpretation der Mutter Jesu darstellen noch den katholischen Glauben verunglimpfen", heißt es. Die Filmemacher machten lediglich von ihrer künstlerischen Freiheit Gebrauch, weshalb der Widerstand eher ein "beunruhigendes Zeichen von Intoleranz" sei. Jede filmische Interpretation müsse daher immer das Genre berücksichtigen, denn davon hänge ab, welche Fragen gestellt würden, so das Portal.
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Doch nicht nur von katholischer Seite gab es im Vorfeld Kritik an dem Film, der am Nikolaustag, dem 6. Dezember auf Netflix kommen soll: Bereits der kürzlich veröffentlichte Trailer sorgte in den vergangenen Tagen in den sozialen Netzwerken wegen der Besetzung für heftige Kritik und Empörung. Mit Blick auf den Nahostkonflikt wurde die Besetzung mit israelischen statt palästinensischen Schauspielern als "geradezu blasphemisch" bezeichnet. Regisseur Caruso verteidigte jedoch seine Wahl: Es sei ihm wichtig gewesen, Maria und die Hauptfiguren mit israelischen Schauspielern zu besetzen, um der historischen Authentizität gerecht zu werden. Netflix hatte bereits in den vergangenen Wochen Vorwürfe einer anti-palästinensischen Haltung zurückgewiesen, nachdem es eine Reihe palästinensischer Filme gelöscht hatte. Der Streamingdienst gab an, die Titel seien wegen auslaufender Lizenzen aus der Bibliothek entfernt worden.
Ob der Film über Maria die Erwartungen erfüllt oder weitere kontroverse Debatten auslöst, wird sich bald zeigen: Zwei Tage vor dem katholischen Hochfest Mariä Empfängnis startet das biblische Epos auf Netflix. Bis dahin wird Caruso im Vatikan mit Papst Franziskus zusammentreffen, denn der Pontifex hatte sich ein Treffen mit dem Regisseur des Films gewünscht. Wahrscheinlich zur Freude beider Seiten. Aber auch für alle anderen Zuschauerinnen und Zuschauer flimmert der Streifen bald über die Leinwand – jetzt liegt es an ihnen, sich selbst ein Urteil über den Film zu bilden.