Kritik an "verzerrter" Darstellung von Insel-Brauchtum in den Medien

Kirchengemeinde auf Borkum verurteilt Gewalt bei "Klaasohm"-Fest

Veröffentlicht am 04.12.2024 um 11:28 Uhr – Lesedauer: 

Borkum ‐ Der "Klaasohm"-Brauch auf Borkum steht nach Medienberichten seit einiger Zeit in der Kritik. Nun hat sich auch die katholische Kirchengemeinde auf der Nordseeinsel zu Wort gemeldet – und Gewalt gegen Frauen entschieden verurteilt.

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Die katholische Kirchengemeinde "Maria Meeresstern" auf Borkum hat die Gewalt gegen Frauen beim traditionellen "Klaasohm"-Fest auf der Nordseeinsel verurteilt. "Als Kirchenvorstand teilen wir die Empörung über das Schlagen von Frauen und unterstützen den jetzt ausdrücklich formulierten Verzicht des Vereins auf Gewalt gegen Frauen", teilte die Pfarrei auf Anfrage von katholisch.de am Mittwoch mit. Der Brauch, bei dem Frauen mit Kuhhörnern geschlagen werden, sei in den letzten Jahren immer weniger geworden. "Aus unserer Sicht wird das 'Klaasohm'-Fest gerade mit der Absage an Gewalt gegen Frauen eine gute Zukunft haben." Viele Mitglieder der Borkumer Kirchengemeinde würden die kritische Berichterstattung über den Brauch am Vorabend des Nikolaustags am 6. Dezember verfolgen und sich intensiv damit auseinandersetzen. "Die privaten Stellungnahmen umfassen dabei ein breites Spektrum", so der Kirchenvorstand der Pfarrei. Die Kirchengemeinde sei in keiner Weise an der Planung und Durchführung des Festes beteiligt.

Gleichzeitig kritisierte der Kirchenvorstand die "verzerrte" Darstellung des "Klaasohm"-Festes in der Berichterstattung. Der Brauch sei für die Insel Borkum seit Jahrhunderten vor allem eine Identität und Gemeinschaft fördernde Tradition. "Diesen Tag begehen viele Menschen gesellig und sehr fröhlich in den Häusern und Straßen, in Restaurants und im Pflegeheim, das ebenfalls vom 'Klaasohm' besucht wird", so die Kirchengemeinde. Die Pfarrei geht auf eine 1882 von Kurgästen errichtete Kapelle zurück, die immer wieder erweitert wurde. Seit 2010 bildet "Maria Meeresstern" eine Pfarreiengemeinschaft mit der katholischen Kirchengemeinde im ostfriesischen Emden, wo auch der zuständige Pfarrer wohnt.

Männer verkleiden sich mit Masken, Schafsfellen und Vogelfedern

Ein Bericht des NDR über den "Klaasohm"-Brauch hatte in den vergangenen Tagen bundesweit für Empörung gesorgt. Ein Teil des Brauchs, der in Verbindung mit dem Tag des heiligen Nikolaus steht, war es bislang, Frauen mit Kuhhörnern auf den Hintern zu schlagen. Gegenüber dem NDR hatten Borkumerinnen diesbezüglich anonym von aggressiven Übergriffen berichtet. Der Brauch, bei dem junge, unverheiratete Männer mit Masken, Schafsfellen und Vogelfedern verkleidet über die Insel ziehen, könnte auf die Zeit der Walfänger zurückgehen. Die Männer seien traditionell am Jahresende nach einigen Monaten auf See zurück auf die Insel gekommen und hätten mit dem Brauch klarstellen wollen, dass nun wieder sie – und nicht die Frauen – das Sagen hätten.

Nach der bundesweiten Kritik kündigten die Veranstalter inzwischen an, den "Brauch des Schlagens" vollständig abschaffen zu wollen. "Wir als Gemeinschaft haben uns klar dazu entschieden, diesen Aspekt der Tradition hinter uns zu lassen und den Fokus weiter auf das zu legen, was das Fest wirklich ausmacht: den Zusammenhalt der Insulanerinnen und Insulaner", teilte der "Verein Borkumer Jungens e.V. 1830" mit, der das Fest organisiert. Die Polizei erklärte, den diesjährigen „Klaasohm“ mit zahlreichen Einsatzkräften begleiten und eine "Null-Toleranz-Linie" fahren zu wollen. (rom)