Herrgottskinder – Die Elternkolumne

Das Christkind: Liebe statt Strafinstanz

Veröffentlicht am 23.12.2024 um 00:01 Uhr – Von Stefanie Heinrichs – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das Christkind als Erziehungshelfer? Als Stefanie Heinrichs' Tochter erzählt, dass das Christkind bei einer Freundin nur "liebe" Kinder beschenkt, ist sie fassungslos. Soll Weihnachten wirklich mit Angst statt Freude verbunden sein?

  • Teilen:

Neulich erzählte mir meine Tochter nach einem Spielenachmittag bei einer Freundin: "Mama, weißt du, dass das Christkind Mia dieses Jahr keine Geschenke bringt?" Ich hielt inne und fragte sie, warum sie das denke. Sie erklärte mir, dass Mias Eltern gesagt hätten, das Christkind komme nur, wenn sie "lieb" sei. Und Mia muss wohl an diesem Tag oft Ärger bekommen haben.

Ich musste in diesem Moment erstmal schlucken und bin immer noch fassungslos. Sollte das Christkind meine Aufgabe als Elternteil übernehmen und die Kinder erziehen? Es ist doch meine Aufgabe, Werte zu vermitteln und Konsequenzen verständlich zu machen – nicht die des Christkindes. Ich gebe zu: Auch ich verzweifle manchmal als Mutter. Manchmal fühle ich mich hilflos, sage Dinge, die nicht ganz richtig sind. Es ist nicht immer leicht, die richtigen Worte oder die richtige Reaktion zu finden. Doch gerade deshalb möchte ich nicht, dass das Christkind die Rolle eines perfekten Erziehers übernimmt.

Eine Frau, als Christkind verkleidet, läuft durch ein weihnachtlich dekoriertes Zimmer.
Bild: ©Heckeley/katholisch.de

Das Christkind freut sich über Geschenke, die Kinder gebastelt haben.

Weihnachten ist ein Fest der Freude, des Lichts und der Liebe. Es sollte mit leuchtenden Kinderaugen und froher Erwartung verbunden sein – nicht mit wochenlangem Zittern, ob die eigenen Fehler eine Bestrafung nach sich ziehen. Denn eines ist sicher: Niemand ist immer artig. Weder unsere Kinder noch wir Eltern. Wir sind Menschen, keine perfekten Wesen. Und genau darum geht es doch an Weihnachten: Gott ist Mensch geworden, mit all unserer Unvollkommenheit, mit all unseren Fehlern. Das Christkind symbolisiert nicht strenge Konsequenz, sondern die bedingungslose Liebe Gottes.

Ich erklärte meiner Tochter: "Weißt du, vielleicht wollten Mias Eltern ihr auf diese Weise zeigen, wie wichtig gutes Benehmen ist. Jede Familie hat ihre eigenen Regeln und Traditionen. Bei uns läuft es jedoch ein bisschen anders: Du bekommst Geschenke nicht, weil du perfekt bist."

Weihnachten ist kein Tauschgeschäft

Wir haben darüber gesprochen, dass Weihnachtsgeschenke für uns nicht an Leistungen oder "Bravsein“ gekoppelt sind. Denn wenn man Geschenke als Belohnung für gutes Verhalten betrachtet, verliert man schnell den Blick für das Wesentliche. Weihnachten ist kein Tauschgeschäft für gutes Benehmen, sondern eine Einladung, die Liebe Gottes zu feiern und weiterzugeben.

Vielleicht sollten wir uns fragen, was wir unseren Kindern wirklich mitgeben wollen: Angst vor Fehlern oder die Gewissheit, dass sie geliebt werden – so wie sie sind. Das Christkind bestraft nicht. Es bringt Hoffnung und Freude. Genau das wünsche ich mir für jede Familie – und für meine Tochter, die an Weihnachten nicht auf Perfektion vertrauen muss, sondern auf Hoffnung!

Von Stefanie Heinrichs