Sondergericht für Liturgie-Rebellen wird erstmals tätig
Die ersten vier Fälle von Gegnern der syro-malabarischen Liturgiereform liegen dem im Dezember eingerichteten Sonder-Disziplinargericht vor. Nach der Amtsenthebung durch den Apostolischen Administrator der Großerzdiözese Ernakulam-Angamaly im südindischen Bundesstaat Kerala wurde der weitere Gerichtsprozess dem neuen Gericht übertragen, wie aus einer durch das US-amerikanische Online-Magazin "The Pillar" am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme des Großerzbistums hervorgeht. Die Information über das Verfahren ist auf den 28. Dezember datiert, zehn Tage nach der Einrichtung des Sondergerichts.
Laut "Ucanews" hatte der Apostolische Administrator Bosco Puthur die Sanktionen gegen die vier Priester bereits am 18. Dezember ausgesprochen. Die Priester hatten sich geweigert, die Liturgie in der von der Synode beschlossenen Form zu feiern. Die Anweisungen Puthurs seien aber ignoriert worden, auch die Weihnachtsgottesdienste seien von ihnen gemeinsam mit weiteren Priestern in ihren Pfarreien gefeiert worden. Über Weihnachten sollen hunderte Gläubige in den vier Pfarreien die Priester unterstützt haben.
Disziplinargericht besteht seit Dezember
Die vier Priester waren Pfarrer in ihren Gemeinden, einer von ihnen an der Pfarrei der Marienkathedrale von Ernakulam. Sie wurden als Pfarrer ihres Amts enthoben und angewiesen, sich außerhalb ihrer bisherigen Pfarreien aufzuhalten. Die Eucharistie dürfen sie nur in der Kirche des ihnen zugewiesenen Aufenthaltsorts feiern. Außerdem wurde ihnen die Beichtbefugnis entzogen und untersagt, gemeinsam mit anderen Priestern zu zelebrieren und weitere Sakramente und Sakramentalien zu spenden.
Das außerordentliche Disziplinargericht der syro-malabarischen Kirche wurde im Dezember mit Erlaubnis der zuständigen vatikanischen Behörden eingerichtet. Üblicherweise werden kirchliche Gerichte auf Ebene der Diözese errichtet. Nach Einschätzung des Apostolischen Administrators sei das aber nicht angezeigt: Die Proteste gegen die Liturgiereform konzentrieren sich vor allem auf das Großerzbistum selbst. Das Gericht ist befugt, kanonische Maßnahmen gemäß dem allgemeinen Recht der katholischen Ostkirche und der syro-malabarischen Kirche gegen Priester, Ordensleute und Laien innerhalb der Großerzdiözese zu ergreifen, die sich Fehlverhalten zuschulde kommen lassen.
Streit um Liturgie kommt nicht zur Ruhe
In der syro-malabarischen Kirche schwelt seit Jahren ein Streit um die Gottesdienstordnung. Die neue Form der Liturgie wurde von der Synode, dem höchsten beschlussfassenden Gremium der Kirche, 2021 beschlossen. Während der Großteil der katholischen Ostkirche eine Reform der Messfeier übernommen hat, protestieren im zentralen Großerzbistum Ernakulam-Angamaly im indischen Bundesstaat Kerala Kleriker und Laien. Alle Vermittlungsversuche – auch durch Papst Franziskus persönlich – sind bislang gescheitert. Zuletzt hatten die Gegner der Reform einen finanziellen Boykott angekündigt und Überlegungen zur Gründung einer von der Mutterkirche unabhängigen eigenen katholischen Ostkirche angestellt.
Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein soll. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Im Laufe ihrer Geschichte gab es immer wieder teils kolonialistische Einflüsse, die zu einer Übernahme westkirchlicher liturgischer Elemente führte. (fxn)