Religion habe in Gesellschaft an Relevanz verloren, aber...

Theologin Könemann: Darum gehört Theologie an staatliche Universitäten

Veröffentlicht am 08.01.2025 um 11:37 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Für viele Menschen spielt der Glaube persönlich zwar kaum noch eine Rolle, in der Gesellschaft sind die Kirchen aber nicht ohne Einfluss. Auch deshalb gehöre die Theologie weiterhin an staatliche Hochschulen, meint die Theologin Judith Könemann.

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Die Münsteraner Theologin Judith Könemann hat sich für den Verbleib des Theologiestudiums an staatlichen Universitäten ausgesprochen. Bei theologischer Bildung gehe es nicht darum, "Sicherheit und Eindeutigkeit zu schaffen, sondern Unsicherheit und Mehrdeutigkeit auszuhalten", schreibt die Religionspädagogin in einem Artikel für das theologische Internetportal "feinschwarz" (Mittwoch). "Religiöse Bildung zielt also letztlich auf die Befähigung zu einer Unsicherheitstoleranz", so Könemann. "Die Befähigung dazu wird in der theologischen Bildung gerade im Kontext staatlicher Universitäten vermittelt."

Die Theologieprofessorin räumte weiter ein, dass Religion als gesellschaftlicher Faktor in den vergangenen Jahrzehnten an Relevanz verloren habe. Dennoch bleibe sie wichtig: "Dabei scheint sich die Bedeutung von Religion von der individuell-religiösen auf die politisch-gesellschaftliche Ebene zu verschieben." Daher bedürfe es einer Grundkompetenz für dieses Thema in der Gesellschaft, die durch das Theologiestudium vermittelt werde, so Könemann.

Monopolanspruch der Kirchen verloren gegangen

Die Verortung der Theologie im öffentlichen Bildungssystem sei zudem durch den Anspruch der monotheistischen Religionen auf gesellschaftliche Mitgestaltung begründet. "In der späten Moderne ist nun der Monopolanspruch der christlichen Kirchen auf übergreifende und Gesellschaft orientierende wie normierende Sinndeutung verloren gegangen; es finden sich religiöse Sinndeutungssysteme neben säkularen", so die Theologin. "In diesen diskursiven öffentlichen Raum können auch die Kirchen ihre Vorstellungen von gutem Leben, von Gemeinwohl und gelingendem Zusammenleben einbringen."

Weiter zeichne sich eine gute Theologie durch die Auseinandersetzung mit den anderen Wissenschaften aus, so Könemann. Religion sei ein bedeutender Zugang zur Welt, "der sich mit den jedem Menschen aufgegebenen existentiellen Fragen auseinandersetzt und als solche eine entscheidende Rolle für das menschliches Sein spielt". Die Theologin und Soziologin Könemann lehrt seit 2009 als Professorin Religionspädagogik an der Universität Münster. (rom)