Medienpädagoge Büsch zu Metas Verzicht auf Moderation

Präsenz kirchlicher Akteure auf Facebook zunehmend zwiespältig

Veröffentlicht am 08.01.2025 um 20:02 Uhr – Lesedauer: 

Köln/Mainz ‐ Das ehemalige Twitter wird immer toxischer, kirchliche Akteure ziehen sich zurück. Kommt das nun auch auf Facebook? Pläne von Meta-Chef Zuckerberg lassen das befürchten. Medienpädagoge Andreas Büsch rät zur Selbstkritik bei kirchlichen Social-Media-Auftritten.

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Der Mainzer Medienpädagoge Andreas Büsch sieht die Präsenz von kirchlichen Akteuren in sozialen Medien angesichts aktueller Entwicklungen bei Facebook zwiespältig. Einerseits unterstütze die Präsenz die Geschäftspraktiken der datengetriebenen Unternehmen, andererseits seien kirchliche Auftritte wichtig als Gegengewicht, sagte der Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz am Mittwoch in einem Interview mit dem Domradio. Gegengewicht zu sein, sei ein wesentliches Argument für die Präsenz. "Das nicht mehr zu tun, heißt auch, dass man keine Kontaktflächen mehr für Menschen bieten kann, die nach Orientierung suchen, die nach kirchlichen Angeboten oder vielleicht auch einfach nach gutem Zuspruch oder so etwas fragen", so der Professor an der katholischen Hochschule Mainz.

Der Chef des Facebook-Mutterkonzerns Meta, Mark Zuckerberg, hatte am Mittwoch angekündigt, auf die Moderation von Inhalten auf den Plattformen des Konzerns verzichten zu wollen. Neben Facebook ist Instagram der wichtigste Meta-Dienst. Büsch bewertete diese Entscheidung als "rechtlich fragwürdig, politisch brandgefährlich und ethisch katastrophal" und betonte ein Verständnis von Meinungsfreiheit, dass diese in Abwägung mit anderen Grundrechten stellt: "Es gibt keine absolute Freiheit, sondern die Freiheit endet genau da, wo ich die Würde oder die Rechte eines anderen berühre."

Reichweite selbstkritisch prüfen

Kirchliche Social-Media-Auftritte müssten selbstkritisch überprüfen, wen sie tatsächlich erreichen. "Ich freue mich und folge auch sehr vielen kirchlichen Akteur*innen. Das sind zum Teil inzwischen sehr gute institutionelle Accounts, aber auch viele kirchlich engagierte Menschen. Wenn ich realistisch auf die Followerzahlen gucke, sind das natürlich auch eher Bubbles", so Büsch weiter. Nur weil kirchlich Engagierte deren Inhalte sähen, heiße das nicht, dass damit auch tatsächlich eine größere Anzahl von Menschen erreicht werde: "Die Frage ist wirklich, was kann ich in so einem Netzwerk erreichen? Oder ist es dann am Ende des Tages realistischer und ehrlicher zu sagen: Nein, das ist nicht unsere Plattform, sondern wir setzen auf nicht kommerzialisierte Plattformen oder freie Netzwerke wie Mastodon oder so, um die stark zu machen."

Vor der Entscheidung Zuckerbergs war vor allem X, das ehemalige Twitter, im Zentrum der Kritik. Dem neuen Eigentümer Elon Musk wird vorgeworfen, mit dem Abbau von Inhalte-Moderation und einer einseitigen algorithmischen Bevorzugung rechtsextremer Positionen den Diskurs zu verzerren. Musk selbst fällt immer wieder mit Lügen und Propaganda auf, die der Trump-Berater über seinen eigenen Account verbreitet. Diözesen und kirchliche Organisationen verlassen zunehmend X. Eine klare Alternative hat sich noch nicht entwickelt. Neben Bluesky, das beispielsweise der Wiener Kardinal Christoph Schönborn als erster deutschsprachiger Bischof nutzt, wird auch der freie und dezentrale Dienst Mastodon von einigen kirchlichen Akteuren genutzt. Das Katholische Datenschutzzentrum Bayern bietet mit katholisch.social einen eigenen Mastodon-Server an, den kirchliche Einrichtungen nutzen können. (fxn)