Kritik an Petition an polnisches Unterhaus

Erzbischof Gądecki: Verbot der Kinderbeichte "völliger Unsinn"

Veröffentlicht am 12.01.2025 um 14:35 Uhr – Lesedauer: 

Posen ‐ Eine Petition in Polen will das Verbot der Beichte für Kinder unter 18 Jahren erreichen. Erzbischof Gądecki sieht das Vorhaben äußerst kritisch. Er wittert eine "Wiederholung dessen, womit wir während der stalinistischen Ära zu kämpfen hatten".

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Der Erzbischof von Posen, Stanisław Gądecki, hat eine Petition für ein Beichtverbot für Kinder scharf kritisiert. Die beim Parlament eingereichte Petition sei "eine Wiederholung dessen, womit wir während der stalinistischen Ära zu kämpfen hatten", betonte der ehemalige Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz gegenüber der polnischen Nachrichtenagentur PAP (Freitag). Auch damals hätten Kinder nicht getauft werden oder in die Kirche gehen sollen, bevor sie 18 Jahre alt waren. "Erst danach konnten sie – natürlich diejenigen, die dem antiklerikalen Druck standgehalten haben – zur Beichte kommen", erklärte Gądecki. "Das sind alte stalinistische Züge, die sich auf eine zweifelhafte Psychologie stützen."

Die Petition wurde im Oktober vom Schauspieler und Aktivisten Rafał Betlejewski beim polnischen Sejm eingereicht und hat mittlerweile über 13.000 Unterschriften erreicht. Der Verfasser fordert darin ein Beichtverbot für Personen unter 18 Jahren. Laut Betlejewski ist die Beichte "eine Erfahrung von Demütigung und Angst, ein traumatisches, unangenehmes Ereignis, das die Kinder nicht wollen und gegen das sie sich nicht wehren können." Das Sakrament der Versöhnung beschrieb er als "ein Relikt des Mittelalters", in dem "feudale soziale Beziehungen herrschten". Laut dem US-amerikanischen Nachrichtenportal "The Pillar" wurde die Petition dem polnischen Parlament erstmals 2023 vorgelegt, aber abgelehnt, weil sie nicht die formalen Anforderungen erfüllte. Am 16. Oktober 2024 wurde sie demnach erneut eingereicht.

"Alle Sakramente formen einen Menschen langsam"

Gądecki bezeichnete den Vorschlag nun als "völligen Unsinn". "Es ist sogar schwer zu verstehen, dass in einer christlichen Kultur, in der die Beichte seit fast zweitausend Jahren existiert, plötzlich jemand daherkommt und ein Verbot der Beichte von Kindern fordert", erklärte der Erzbischof. Betlejewski berücksichtige nicht, dass Kinder in jeder Phase ihrer Entwicklung eine Ausbildung in der Wahrheit bräuchten. "Es ist wichtig, Kindern die Beichte zu ermöglichen, weil ein Kind nicht ab 18 Jahren, sondern von Geburt an ausgebildet werden sollte", sagte Gądecki. "Alle Sakramente formen einen Menschen langsam, Schicht für Schicht, Jahr für Jahr." Im Dezember hatte der Erzbischof von Warschau, Adrian Galbas, den Vorstoß bereits als "absurd und bizarr" bezeichnet.

Das Kirchenrecht sieht vor, dass Kinder erst nach vorheriger sakramentaler Beichte die Erstkommunion empfangen können (Can. 914 CIC). Auch in Deutschland gibt es Kritik an dieser Praxis. Der Psychiater und Leiter der MHG-Studie Harald Dreßing betonte 2023, dass Kinder im Erstkommunionalter noch nicht in der Lage seien, die Themen Schuld und Sünde zu erfassen. Außerdem sei die Beichte in der Vergangenheit zur Anbahnung und Vorbereitung von Missbrauchstaten genutzt worden. Die Liturgiewissenschaftlerin Birgit Jeggle-Merz sprach sich 2023 ebenfalls dafür aus, die Beichte erst nach der Erstkommunion einzuführen. Im vergangenen September betonte der Fuldaer Religionspädagoge Markus Tomberg in einem katholisch.de-Interview, die "Beichtsituation zwischen einem älteren Mann und einem einzelnen Kind in einem relativ abgeschlossenen Raum ist nicht freizubekommen von Macht, von Autorität und von einem Gefälle, das mit Versöhnung relativ wenig zu tun hat – auch wenn viele Priester das sehr gut machen". (cbr)