Theologe kritisiert religiöse Inszenierung bei Trump-Einführung
Der in den USA tätige Theologe Massimo Faggioli hat scharfe Kritik an der religiösen Inszenierung der Amtseinführung Donald Trumps geübt. "Die Kriecherei der US-Geistlichen, die bei Trumps Amtseinführung zu sehen war, erinnert mich an Wladimir Putins Kreml und die russisch-orthodoxe Kirche – bei allen Unterschieden", sagte Faggioli am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der italienischstämmige Kirchenhistoriker sprach von einem "Götzendienst".
Er warnte vor einer Manipulation der Religion für politische Zwecke: "Wir sind von einem nationalen Christentum in den USA zu einem Hofchristentum übergegangen, in dem der Wille des Kaisers Gesetz ist und der Palast voller falscher Propheten." Es werde immer schwieriger, sich vorzustellen, welche prophetische Botschaft das Christentum in Amerika bringen könne. Diese Verzweckung von Religion habe jedoch zu Trumps "kulturellem Sieg" beigetragen, so der Theologe.
Kritik an Kardinal Dolan
Faggioli zeigte sich auch verwundert über die Beteiligung des New Yorker Kardinals Timothy Dolan: "In seinem Gebet bat Dolan Gott, Trumps 'Bestrebungen' zu segnen, ohne zu präzisieren, wie diese Bestrebungen aus christlicher Sicht aussehen sollten." Dies habe sich von der Botschaft unterschieden, die Papst Franziskus wenige Stunden zuvor an Trump gerichtet hatte. "In einem Antrittsgebet könnte über Dinge wie Sünde, Demut und Mitgefühl gepredigt werden, aber davon war nicht viel zu hören", kritisierte der Experte.
Massimo Faggioli gehört zu den profiliertesten katholischen Theologen der USA. Er lehrt an der katholischen Privatuniversität Villanova. Wenige Tage vor Trumps Amtseinführung veröffentlichte er das Buch "Da Dio a Trump. Crisi cattolica e politica americana" (Von Gott zu Trump. Die katholische Krise und die amerikanische Politik).
Theologe: Religiöse Narrative bei Trump-Einführung gefährlich
Auch der Theologe und USA-Experte Benjamin Dahlke kritisierte die religiösen Narrative bei der Amtseinführung Trumps. "Als Theologe frage ich mich, wie man auf eine solche Weise vom Handeln Gottes in der Geschichte sprechen kann", sagte der Eichstätter Dogmatiker der KNA (Dienstag). Politische Entwicklungen seien bei Trumps Vereidigung umstandslos mit Gottes Handeln identifiziert worden, so Dahlke weiter. Das sei gefährlich in einer liberalen Demokratie, die von wechselnden Mehrheiten lebe.
Dahlke zeigte sich verwundert, dass bei der Feier am Montag fast ausschließlich christliche Würdenträger zu Wort kamen: "Ich hatte nicht den Eindruck, dass Muslime, Hindus und Buddhisten, von denen es immerhin auch viele gibt, angemessen berücksichtigt wurden", so der Theologe. Neben mehreren katholischen Geistlichen sprach unter anderem auch ein Rabbiner im Kapitol. Durchgehend seien die USA als ein christliches, auf Gott vertrauendes Land vorgestellt worden – obwohl die Zahl der Konfessions- und Religionslosen immer mehr wachse. Dahlke ist seit 2021 Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). 2024 veröffentlichte er eine theologische Standortbestimmung der USA im Herder-Verlag. (tmg/KNA)
21.1., 9:52 Uhr: Ergänzt um Dahlke.