Orientierung an öffentlich-rechtlichen Medien statt Mitgliederzeitungen

Journalistin fordert kritische kirchliche Medien

Veröffentlicht am 23.01.2025 um 11:09 Uhr – Lesedauer: 

Bern ‐ Wie frei ist kirchlicher Journalismus? Annalena Müller hat selbst erlebt, wie kirchlich finanzierte Medien unter Druck stehen. Sie fordert einen freien und unabhängigen Kirchenjournalismus. Von weniger Hofberichterstattung profitiere auch die Kirche.

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Die Journalistin Annalena Müller spricht sich für einen unabhängigen kirchlichen Journalismus nach dem Modell öffentlich-rechtlicher Medien aus. Die "von Skandalen gebeutelte Kirche" würde nach Ansicht der Chefredakteurin des Berner Pfarrblatts von einem unabhängigen, fachlich kompetenten, kritischen Journalismus profitieren, schreibt sie in einem Beitrag für das Online-Magazin "Feinschwarz" (Donnerstag). Immer noch verstünden Kirchenvertreter Kirchenjournalismus als eine "höchstens pseudokritische Hofberichterstattung". Dies zeige der Druck, unter dem kirchliche Medien stünden. Müller nennt dabei katholisch.de, das Kölner Domradio und das Katholische Medienzentrum für die deutschsprachige Schweiz, das kath.ch herausgibt.

Müller war selbst Redakteurin von kath.ch und durfte nach einem Veto der Schweizer Bischofskonferenz im vergangenen Jahr die Leitung des Portals nicht übernehmen. Danach wechselte sie zum Berner Pfarrblatt. Das Pfarrblatt wird von einem Verein getragen, dem katholische Pfarreien angehören, die die Zeitung beziehen. Das kath.ch steht seit Jahren in der Kritik, mehrere Verantwortliche haben das Schweizer Medienhaus im Streit verlassen.

ARD statt "DB Mobil" als Vorbild

Müller stellt fest, dass säkularen Medien das Geld für fachlich kompetenten Kirchen- und Religions-Journalismus oft fehle. So komme eine kritische Kirchenberichterstattung oft zu kurz. Es wäre im Interesse der Kirche, die Lücken in der Berichterstattung säkularer Medien zu füllen: "Denn die gesellschaftliche Säkularisierung, die nicht mehr vorhandene mediale Expertise und die resultierende oberflächliche Fokussierung auf oben genannte Themen verstärken die gegenseitige Entfremdung von Kirche und Gesellschaft zusätzlich."

Das Vorbild für kirchliche Medien dürften nicht Mitgliederzeitungen etwa von der Bahn sein, "die auf Wohlfühl-Marketing setzen", sondern Informationen und Analysen im Stile öffentlich-rechtlicher Medien. Deren Ruf basiere darauf, dass diese staatlich geförderten Medien unabhängig und fachlich kompetent arbeiten und kritisch nachfragen, auch beim eigenen Geldgeber und dem Staat. Bei kirchlichen Medien sehe es anders aus: "Wenn diese Missstände thematisieren, wird gerne ein Loyalitätskonflikt herbeigeredet." Kritischer Kirchenjournalismus sei deshalb wichtig, weil er Innen- und Außensicht in einem ermögliche: "Was es dazu braucht, ist echte Unabhängigkeit. Und auf kirchlicher Seite Mut zur Kritikfähigkeit und Vertrauen in die mündigen Entscheidungen der eigenen Mitglieder", forderte Müller. "Und Mut, sich diesen Journalismus zu leisten." (fxn)