"Kampf gegen Antisemitismus ist Aufgabe aller Bürger"

Bischöfe fordern: Erinnerung an Auschwitz wachhalten

Veröffentlicht am 24.01.2025 um 11:58 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Bischöfe bekräftigen ihre Solidarität mit Jüdinnen und Juden und fordern zum Kampf gegen Antisemitismus auf. Die Gesellschaft dürfe sich nicht daran gewöhnen, dass jüdisches Leben nur unter Polizeischutz stattfinden könne, mahnte Bischof Bätzing.

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Zum Holocaust-Gedenktag am Montag haben die katholischen Bischöfe in Deutschland zu gesellschaftlicher Wachsamkeit und Engagement gegen Antisemitismus aufgerufen. Die Erinnerung an Auschwitz müsse wachgehalten werden, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing (Foto), am Freitag in Bonn. "Der Kampf gegen Antisemitismus ist Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen im Alltag den dumpfen Vorurteilen widersprechen und mit Zivilcourage denen beistehen, die verbal oder physisch angegriffen werden." Angriffe auf Jüdinnen und Juden seien auch Angriffe auf die Demokratie.

Als zutiefst beschämend bezeichnete es der Limburger Bischof, dass auch 80 Jahre nach Auschwitz Jüdinnen und Juden unter antisemitischen Vorurteilen und Angriffen leiden müssten. Die Gesellschaft dürfe sich nicht daran gewöhnen, dass jüdisches Leben nur unter Polizeischutz stattfinden könne. "Es braucht die Erinnerungskultur an Auschwitz und an die gesellschaftlichen Entwicklungen, die zu Auschwitz geführt haben. Diese Erinnerung verbindet und trägt zur Heilung bei. Sie ist zugleich eine Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben in Europa."

Besorgnis über Einfluss radikaler und populistischer Parteien

Bätzing zeigte sich besorgt über die internationale Entwicklung und einen wachsenden Einfluss radikaler und populistischer Parteien. "Mit Erschrecken müssen wir feststellen, dass sich in den vergangenen Jahren politische Bewegungen und Parteien gesellschaftlich etablieren konnten, die die rechtsstaatlichen Grundlagen der Demokratie und das internationale Recht offensiv in Frage stellen und dort, wo sie regieren, nicht selten demonstrativ missachten", erklärte Bätzing. In Teilen der Öffentlichkeit und der Sozialen Medien herrsche eine Rhetorik der Verachtung gegenüber Minderheiten und Andersdenkenden.

"Die rechtsstaatliche Demokratie beruht auf einer politischen Kultur, die den Respekt vor dem anderen, die Unterscheidung von Wahrheit und Lüge, von Recht und Unrecht pflegt", betonte der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Wo über Minderheiten oder Schwache im Ton der Verachtung gesprochen werde, sei deutlich hörbarer Widerspruch gefordert.

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In einem Videostatement aus Israel rief auch der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz am Freitag zum konsequenten Einsatz für Menschenwürde, Vielfalt und Integration auf. Die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz sei ein Moment gewesen, "in dem der Unmenschlichkeit des Nazi-Regimes ein Ende gesetzt wurde", sagte Bentz. "Der Gedenktag mahnt und erinnert uns, dass wir uns wann immer und wo immer ganz und gar für die unverbrüchliche Menschenwürde eines und einer jeden einzusetzen haben."

"Nie wieder ein solches Grauen" 

Nach 80 Jahren gebe es immer weniger Überlebende des Holocaust. "Jetzt müssen wir ins Bewusstsein rufen: nie wieder ein solches Grauen, nie wieder eine solche Vernichtung, nie wieder eine solche Missachtung menschlicher Würde." In politischen Diskursen werde heute versucht zu diskriminieren und auszugrenzen. Vor diesem Hintergrund müsse es ein Anliegen sein, "zu integrieren, Vielfalt zuzulassen und Vielfalt zu leben und dabei für die Achtung der unverbrüchlichen Würde des Menschen einzustehen". Bentz nahm als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Naher und Mittlerer Osten der DBK an einem internationalen Bischofstreffen im Heiligen Land teil.

Der Hamburger Generalvikar Pater Sascha-Philipp Geißler mahnte ebenfalls in einem Videostatement am Freitag, dass sich heute Antisemitismus und Judenfeindlichkeit wieder ausbreiteten. "Grenzen des Sagbaren werden verschoben. Geschichte wird umgedeutet oder verdreht", warnte Geißler. "Und gerade als Christinnen und Christen wissen wir, an wessen Seite wir stehen. Wegsehen, Vergleichen und Relativieren sind keine Optionen." Wer Judenfeindlichkeit dulde, verrate die Menschlichkeit. 

Am Montag jährt sich zum 80. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee. Weltweit wird an diesem Tag der Opfer des Holocaust und der Nationalsozialisten gedacht. Die Zahl der in Auschwitz und im dazugehörigen Vernichtungslager Birkenau ermordeten Menschen wird auf etwa 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen geschätzt. Das Lager nahe der polnischen Kleinstadt Oswiecim in der Nähe von Krakau war das größte Konzentrationslager der Nazis. (cbr/KNA)

24.01.2025, 12.25 Uhr: Ergänzt um Statement von Generalvikar Sascha-Philipp Geißler.