Standpunkt

Auch in der Migrationspolitik nicht das Mensch-sein vergessen

Veröffentlicht am 19.02.2025 um 00:01 Uhr – Von Christoph Paul Hartmann – Lesedauer: 4 MINUTEN

Bonn ‐ Die Diskussion um die Migrationspolitik hat den Wahlkampf geprägt. Christoph Paul Hartmann stellt dabei eine bemerkenswerte Entmenschlichung fest. Mit einem Grundgedanken Jesu aus der Bibel hält er dagegen.

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Dass die Bundesrepublik vor der Bundestagswahl mit enormen Herausforderungen konfrontiert ist, steht außer Frage: Klimawandel, soziale Spaltung und Wirtschaftsflaute sind nur ein paar davon. Doch ein Thema hat in den vergangenen Wochen die öffentliche Diskussion überlagert: die Migration. Wer kommen darf, wer nicht und dass das eigentlich alles viel zu viele Menschen sind, dieses (unzutreffende) Narrativ prägt die meisten Debatten.

Schon seit Jahren hat sich im Sprechen darüber eine bemerkenswerte Entmenschlichung breit gemacht. Waren es 2015 die "Wellen" von Asylsuchenden, will man zehn Jahre später einen "Zustrom" begrenzen. Dass es sich hier um Individuen mit komplexen Biografien, Zwängen, Visionen und Perspektiven handelt, fällt unter den Tisch.

Die katholische Welt ist angesichts dieser Entwicklung gespalten: Zwischen einem "alle aufnehmen" und einem "nicht mit der Bibel unter dem Arm Politik machen" ist alles dabei. Was stimmt: Die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse der biblischen Zeit sind auf die Gegenwart kaum übertragbar. So mancher Grundgedanke ist es aber durchaus!

Dazu gehört eine grundlegende Einstellung, die Jesus Fremden gegenüber propagiert: Sie immer zuerst als Menschen zu sehen, denen ebenso menschlich begegnet wird. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist das Gleichnis vom barmherzigen Samariter: Da kümmert sich jemand aus reiner Menschlichkeit um einen Menschen in Not, obwohl dieser nicht nur aus einer fremden, sondern sogar aus einer verfeindeten Gruppe stammt.

Es ist diese Grundhaltung, die wir als Gesellschaft heute verloren haben und dringend wiedererlangen müssen! Der barmherzige Samariter diskutiert nicht erst alle Konflikte aus, bevor er hilft: Er tut, was nötig ist – aus Menschlichkeit! Wir können vielleicht nicht "alle aufnehmen", die zu uns wollen. Was wir aber können, ist, sie ernst zu nehmen und uns ihnen mit Menschlichkeit zuzuwenden. Sie haben es verdient, wie jede und jeder von uns. Eine solche Haltung ist mit unterschiedslosen Abweisungen an der Grenze oder Asylzentren in Drittstatten mit oft bemängelter Menschenrechtslage nicht zu vereinbaren. Die Herausforderungen auch der Migrationspolitik mögen beträchtlich sein, aber sie sind nie so groß, dass wir das Mensch-sein vergessen dürfen.

Von Christoph Paul Hartmann

Der Autor

Christoph Paul Hartmann ist Redakteur bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.