Auch Kardinal Parolin kritisiert Spekulationen

Papst-Vertrauter: Nicht die Zeit, um über Rücktritt zu sprechen

Veröffentlicht am 24.02.2025 um 12:26 Uhr – Lesedauer: 6 MINUTEN

Vatikanstadt ‐ Seit elf Tagen wird Franziskus im Krankenhaus behandelt. Dass inzwischen Gerüchte über einen möglichen Rücktritt aufkommen, sieht der Papst-Vertraute Antonio Spadaro kritisch. Auch die Cousine des Papstes ist in Sorge um das Kirchenoberhaupt.

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Der italienische Jesuit und Papst-Vertraute Antonio Spadaro hat Spekulationen über einen möglichen Rücktritt von Papst Franziskus kritisiert. "Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, um über den so genannten Rücktritt zu sprechen", sagte Spadaro in einem Interview mit der italienischen Zeitung "La Repubblica" (Montag). Franziskus habe zwar immer wieder betont, dass Benedikt XVI. mit seinem Rücktritt einen Weg geebnet habe. Dies scheine eine Option zu sein, wenn seine Energie unwiderruflich verloren gehe. "Ich möchte jedoch klarstellen, dass die Entscheidung die Frucht einer wohlüberlegten geistlichen Unterscheidung vor Gott wäre und sicherlich nicht einfach eine Frage der Effizienz und der physischen Kraft", betonte Spadaro. "Letzteres wäre ein weltliches Kriterium, das dem Denken des Papstes völlig fremd wäre." Spadaro ist Untersekretär im Dikasterium für die Kultur und Bildung und war lange Zeit Chefredakteur der Jesuiten-Zeitschrift "La Civiltà Cattolica".

Auf die Frage, wie lange die Kirche ohne ihr Oberhaupt auskommen könne, sagte Spadaro: "Der Papst ist wachsam, er übt seine pastorale Aufgabe sogar vom Krankenbett aus, und er zeigt seine Präsenz – wenn auch auf eine andere, weniger sichtbare Weise." Der Papst habe die Ärzte gebeten, die Wahrheit über ihn zu sagen und in den medizinischen Bulletins mitzuteilen, was er tatsächlich tun könne. Franziskus habe großes Vertrauen in die Arbeit der Ärzte – "aber er ist vor allem ein Mensch, der es versteht, auch die schwierigsten Momente geistlich zu leben". Das Bild der Kirche als Lazarett sei durch seine jugendlichen Erfahrungen mit einer Lungenerkrankung entstanden, erklärte der Jesuit. "Sein Körper ist im Moment sicherlich gebeutelt, und ich weiß nicht, wie er geduldig sein und stillsitzen kann. Was ich weiß, ist, dass er die Fähigkeit hat, das, was geschieht, auf spirituelle Weise zu erleben".

"In diesem Moment der Geschichte spürt man das Bedürfnis nach seiner Gestalt"

Spadaro sagte, er sei traurig, "in diesem Zustand Verzerrungen, Fehlinterpretationen und manchmal sogar Angriffe auf den Papst" zu sehen. "Ich denke, dies ist eine Zeit des Gebets, des Wartens, oder eine Zeit, um 'gute Wellen' auszudrücken, wie der Papst sagt, wenn er sich an Nicht-Gläubige wendet". Franziskus sei eine Figur, die in denjenigen, die ihn kennen, tiefe Gefühle hervorrufen könne. Viele Menschen, auch in verantwortlichen Positionen, seien besorgt, "weil sie wissen, dass Franziskus einer der wenigen ist, die in der Lage sind, die Punkte in einer Welt zu verbinden, die gespalten zu sein scheint". "In diesem Moment der Geschichte spürt man das Bedürfnis nach seiner Gestalt".

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin spricht vor der Synode der ukrainisch-katholischen Kirche
Bild: ©UGCC (Archivbild)

Auch die Nummer zwei im Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, sieht die Rücktrittsspekulationen kritisch. Am Montag wird er ein Rosenkranzgebet für Papst Franziskus auf dem Petersplatz leiten. Im Krankenhaus besucht hat er das Kirchenoberhaupt noch nicht.

Ähnlich hatte sich auch Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin geäußert. Rücktrittsspekulationen bezeichnete er im Interview mit dem "Corriere della Sera" (Samstag) als unbegründet. "Im Moment konzentrieren wir uns auf die Gesundheit des Heiligen Vaters, seine Genesung und seine Rückkehr in den Vatikan – das sind die einzigen Dinge, die zählen." Er selbst habe den Papst mitgeteilt, dass er für ein Treffen bereitstünde, wenn dieser es für nötig halte. Bisher habe der Papst aber noch keinen Bedarf dazu gesehen, so Parolin. "In diesem Zusammenhang ist es am besten, wenn er geschützt bleibt und so wenig Besuch wie möglich bekommt, damit er sich ausruhen kann und die Therapien, die er durchläuft, wirksamer sind."

Zuvor hatten einige Kardinäle öffentlich über die Möglichkeit eines Rücktritts von Papst Franziskus spekuliert. Der frühere vatikanische Kulturminister Gianfranco Ravasi, der französische Kardinal Jean-Marc Aveline und Kardinal Juan Jose Omella, bis vor kurzem Vorsitzender der Spanischen Bischofskonferenz, betonten, ein Papst-Rücktritt sei denkbar, wenn dieser wegen seiner Lungenerkrankung kaum noch in Kontakt mit Menschen kommen dürfe. Franziskus könne dann auf sein Amt verzichten, statt ein "Papst hinter Glas" zu sein, so ihre Vermutung. Am Wochenende sagte der deutsche Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller, ein Rücktritt sei für einen Papst keine Option. "Vom Kreuz steigt man nicht herab". Die Kirche brauche in diesem historischen Moment Einheit in ihrem Inneren.

Unterdessen äußerte auch die 93-jährige Cousine von Papst Franziskus, Carla Rabezzana, ihre Sorge um ihren 88-jährigen Verwandten. "Wir sind alle sehr besorgt. Wir hoffen, dass er sich rasch erholt und diesen schlimmen Moment übersteht", sagte sie der italienischen Nachrichtenagentur "Ansa". Sie sei "sehr beunruhigt" wegen seines Gesundheitszustands. Franziskus und die in Norditalien lebende Rabezzana halten immer wieder Kontakt.

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Am Montagmorgen teilte der Vatikan mit, die Nacht sei gut verlaufen und der Papst habe geschlafen und ruhe sich weiter aus. Er sei trotz Krankheit und Klinikaufenthalt "guter Laune" und habe derzeit wohl keine starken Schmerzen. Am Sonntagabend hieß es, Bluttest hätten ein beginnendes, leichtes Nierenversagen gezeigt, das aber unter Kontrolle sei. Weitere Anfälle von Atemnot – die am Samstag noch aufgetreten waren – habe es dagegen nicht gegeben, die Sauerstofftherapie werde fortgesetzt.

Rosenkranzgebet für dem Papst

Am Samstag war zudem eine Bluttransfusion erforderlich gewesen, weil sich die Zahl der Blutplättchen im Zusammenhang mit einer Anämie verringert habe. Diese Thrombozytopenie bestehe weiterhin auf einem niedrigen Niveau, die Anämie sei dagegen zurückgegangen. Laut Vatikanangaben gab es auch einen Anstieg des Hämoglobinwerts (rote Blutkörperchen). Seit zehn Tagen wird Papst Franziskus mit einer komplexen Atemwegsinfektion im Krankenhaus behandelt.

Am Montagabend wird Kardinalstaatssekretär Parolin laut Vatikanangaben ein Rosenkranzgebet auf dem Petersplatz halten – "als Audruck der Verbundenheit der Kirche mit dem Papst und allen Kranken", hieß es. (cbr)