Landesverrat im Sommerloch
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Wer noch im Lande ist und die Füße noch nicht im "mare nostrum" oder anderswo kühlt, am Ende gar bei Dauertemperaturen über dreißig Grad noch ehrlicher Arbeit nachgeht, war in den letzten Wochen immerhin durch die Nachrichten gut unterhalten.
Auch für Fachleute unerwartet, geschah, was zuletzt vor etwa 50 Jahren als "Spiegelaffäre" Schlagzeilen gemacht hatte: Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen Journalisten wegen des Verdachts auf Landesverrat. Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe Strafanzeige gegen die Verantwortlichen von Netzpolitik.org gestellt, wie der Blog mitteilte, weil interne Dokumente des Verfassungsschutzes veröffentlicht worden waren.
Netzpolitik.org? - "nie gehört!"; Blogger? - "Das sind doch keine Journalisten!". Nachdem der deutsche Journalistenverband (DJV) das Vorgehen in einer zeitnah publizierten Erklärung aber verurteilt, die beiden Blogger also als Journalisten anerkannt hat, konnte man eine beispiellose Solidarisierung der Leitmedien FAZ, SZ, aber auch der Magazine in ARD und ZDF beobachten, die ihre politische Wirkung, wie wir inzwischen wissen, auch nicht verfehlte.
Ein Generalbundesanwalt trat zurück, die zuständigen Minister müssen sich heftige Kritik gefallen lassen und es wird erneut mit guten Gründen über die Sinnhaftigkeit und Kontrolle der Geheimdienste diskutiert, denen schon NSA und NSU Affäre ordentlich zugesetzt hatten. Aber auch die Willkür, mit der in Deutschland Staatsanwälte (nicht) ermitteln, wer sie kontrolliert und wie sie mit personenbezogenen Informationen umgehen, wird nach den Fällen Wulff, Edathy und Tebartz-van Elst weiter diskutiert werden müssen.
Was das uns als Katholiken angeht? Genauso viel wie alle anderen Bürger, wenn wir gehalten sind, die Zeichen der Zeit zu erforschen. Die Wege, auf denen Informationen verbreitet werden, eine wesentliche Frage wirksamen bürgerschaftlichen und demokratischen Engagements, haben sich in den letzten Jahren rasant verändert. Fragen der Medienethik werden in Deutschland von genau einem jüngst eingerichteten Lehrstuhl erforscht. Die Kompetenz haupt- und ehrenamtlicher MitarbeiterInnen in Fragen der Social Media steckt in den Kinderschuhen. Und bischöfliche Äußerungen zum Thema klingen in der Regel eher wie kulturpessimistische Feindabwehr, denn wie kundige Analysen der medienpolitischen Szene. Will Kirche unter diesen veränderten Bedingungen ihre Botschaft verkünden, aber auch als Ratgeberin und Mahnerin weiter gehört werden, muss sie hier ihre Hausaufgaben machen.