Kölner Dom will Gegenpol zu antijüdischer Kunst setzen
Am Kölner Dom thematisiert künftig eine neue Wandmalerei das christlich-jüdische Verhältnis. Am Donnerstag stellten Vertreter des Domkapitels und des Judentums in Köln den Siegerentwurf eines Kunstwettbewerbs vor: eine Arbeit einer Münchner Professorin für Malerei und Grafik, Andrea Büttner (siehe Foto unten). Das Werk der 1972 geborenen Künstlerin soll ein Gegenpol zu den rund einem Dutzend judenfeindlichen Darstellungen an der Kathedrale sein.
Büttner plant ein Wandgemälde in der Marienkapelle an der Südseite des Doms – und zwar oberhalb des dort platzierten Altars der Stadtpatrone von Stefan Lochner. Das Gemälde soll in fotorealistischer Weise das rund 2 Meter lange und 85 Zentimeter hohe Steinfundament zeigen, auf dem in der ehemaligen mittelalterlichen Kölner Synagoge der Thoraschrein stand.
Einstimmiges Votum der Jury
Lochners Altar wurde einst für die Ratskapelle am historischen Rathaus geschaffen, die 1424 nach der Ausweisung der jüdischen Bevölkerung anstelle der Synagoge realisiert wurde. Damit verbinde das Kunstwerk Büttners die Geschichte des jüdischen Quartiers mit dem Dom, hieß es bei der Vorstellung. Der Hintergrund des Steinfundaments soll in tiefem Schwarz auf einer Putzschicht oder auf einem geschlämmten Untergrund realisiert werden.
Das Domkapitel hatte im August 2023 den Wettbewerb gestartet. 15 Künstlerinnen und Künstler nahmen teil. In die Endauswahl kamen vier Entwürfe. Die aus 13 Personen bestehende Jury, darunter Abraham Lehrer als Vorstandsmitglied der Kölner Synagogen-Gemeinde, entschied sich den Angaben zufolge einstimmig für den Entwurf Büttners. Das Domkapitel nahm ebenfalls einstimmig die Jury-Empfehlung an, wie Dompropst Guido Assmann mitteilte.

Visualisierung des Kunstwerks von Andrea Büttner über dem Altar in der Marienkapelle.
Nach den Worten der Jury-Vorsitzenden Andrea Wandel zeigt das geplante Kunstwerk die komplexen historischen und theologischen Zusammenhänge. Die übergeordnete schwebende Wandmalerei eröffne einen Dialog mit dem für die Ratskapelle geschaffenen Lochner-Werk und lege den damaligen politischen Auftrag des Stadtrates offen. Durch die Zerstörung der Synagoge und ihre "Umwidmung" in die Ratskapelle sei die einstige jüdisch-christliche Nachbarschaft brutal begraben und verdrängt worden.
Lehrer erklärte, das Wandbild mache einen neuralgischen Punkt im christlich-jüdischen Verhältnis sichtbar. Es eröffne einen Denkraum, das christlich-jüdische Verhältnis in Gegenwart und Zukunft zu befragen. Laut Assmann markiert die Arbeit Büttners keinen Abschluss: "Das Thema des Verhältnisses zwischen Christen und Juden ist ein Dauerauftrag an uns."
Antijüdischer Wasserspeier
Im Dom finden sich an verschiedenen Stellen antijüdische Darstellungen, die früheste am 1225 vollenden Dreikönigenschrein. In einer Geißelungsszene tragen zwei Henkersknechte mit karikaturhaft verzerrten Gesichtszügen Judenhüte. Eine antijüdische Tendenz weist auch ein Wasserspeier an einem Chorpfeiler auf: Die sogenannte Judensau zeigt ein Schwein – ein mit den Juden verbundenes Sinnbild des Lasters. Auch im Chorgestühl taucht das Motiv in zwei Reliefszenen auf. Aus der Nazi-Zeit gibt es noch fünf bis zehn Hakenkreuze, die Steinmetze auf eigene Initiative hin in Ersatzsteine einarbeiteten.
Das Thorafundament, das in der geplanten Wandmalerei abgebildet werden soll, wird den Angaben zufolge künftig im jüdischen Museum MiQua präsentiert. Dieses entsteht in der Innenstadt in der ehemaligen Mikwe, dem rituellen Bad der jüdischen Gemeinde, und soll Ende 2027 fertig gestellt werden. (KNA)