Rütteln die rückläufigen Mitgliederzahlen noch jemanden wach?

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Noch immer bewegt die jüngste Veröffentlichung aktueller Zahlen zur Statistik der katholischen Kirche in Deutschland die Gemüter. Wenn sogar deutsche Wirtschaftsmagazine der Problematik eine besorgte Analyse widmen, kann es um die Relevanz der Ecclesia Catholica unter den heutigen Teutonen nicht ganz so schlecht bestellt sein. Oder trügt der Schein? Rütteln die seit 1970 rückläufigen Zahlen der katholischen Kirche, mit kleinem Zuwachs durch den Wiedervereinigungsbonus von 1990, überhaupt noch jemanden wach?
Wieder ringen (Ober-)Hirten wie pastorale Profis um Antworten, gerade weil die Schränke und Laufwerke in Seelsorgeämtern und Pfarrbüros doch voller denn je zuvor sind. Welche nie zuvor gekannte Fülle an Material zur Sakramentenkatechese hat man in den letzten Jahrzehnten hervorgebracht! Wie viel Zeit, Geld und Ressourcen hat man mit dem Auf- und Umbau von Kirchen, Gemeindezentren, Pastoralprogrammen verbracht!
Mit nüchternem Blick auf die Bilanz der Kirchenstatistik müssen wir uns eingestehen, dass weder die Aufbruchstimmung des letzten Konzils noch die vielen Initiativen und Reformprogramme den Exodus der Schäfchen und die Abrissbirnen in maroden Kirchenräumen aufhalten konnten. Es mag ein schwacher Trost sein, dass der Abwärtstrend der "Mitgliederzahlen" so neu nicht ist und es der Kirche im Grunde nicht anders ergeht als den Sportvereinen, die den Wettlauf gegen die Fitnessstudios und Pilates-Videos verloren haben.
Wir dürfen die Zahlen der Kirchenstatistik nicht ignorieren. Sie sollen und wollen uns irritieren und aus unserer Selbstgenügsamkeit holen. Für Kirche als Glaubensgemeinschaft kann es nicht das Ziel sein, Trends hinterherzulaufen. Und es darf nicht ihr Ziel sein, sich allein an Gewinn- und Verlustrechnungen zu orientieren. Was wollte Jesus nochmal? Die Botschaft des Christentums will niemanden blind verführen, sondern lebendig überzeugen und frei machen. Das Evangelium Jesu ist Kontrastprogramm und Herausforderung. Es durchkreuzt alle Pläne und ist Irritation für Kirche und Welt, im wahrsten Sinn des Wortes.
Die Autorin
Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen, promovierte Theologin (Kirchenrecht) und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.