Berggottesdienste sind "die beliebtesten Veranstaltungen von Oberstaufen"

Ökumene am Gipfelkreuz

Veröffentlicht am 22.08.2015 um 13:00 Uhr – Von Bernd Buchner (KNA)  – Lesedauer: 
im Hintergrund Berge. Vorne ein ökumenischer Gottesdienst
Bild: © KNA
Tourismus

Oberstaufen ‐ Auf dem Allgäuer Hochgrat feiert Josef Hofman im Sommer Berggottesdienste für Urlauber und Wanderer. Hunderte nehmen jedes Jahr an den ökumenischen Feiern teil. Und auch die örtliche Tourismuschefin freut sich über das Angebot.

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Die Sonne strahlt, das Wetter hält. Der Wind ist nur ein laues Lüftchen, auch auf 1.708 Metern am Hochgrat bei Oberstaufen. Nicht einmal die mitgebrachten Wäscheklammern braucht Josef Hofmann, um seine Notizzettel zu befestigen. "Wir haben hier schon alles erlebt", sagt der katholische Pastoralreferent, während er den Gottesdienst an der Bergstation vorbereitet. Vor zwei Jahren zog hier ein Orkan auf, die Feier wurde flugs ins Restaurant verlegt, wo bald darauf der Strom ausfiel. Keiner der Besucher wusste, ob er an diesem Abend noch ins Tal kommen würde.

Nichts von alledem heute. Der Berg ruht und kennt auch keine Konfessionen. Die Gondel hinauf hat sich der 58-jährige Hofmann mit zwei evangelischen Kollegen geteilt: Pfarrer Klaus Zastrow aus Bückeburg in Niedersachsen, im Rahmen der Urlaubsseelsorge für vier Wochen in Oberstaufen, wird gleich den Gottesdienst mitfeiern und sich dabei launig als "preußische Verstärkung für Bayern" vorstellen. Auch der evangelische Ortsgeistliche Frank Wagner ist dabei: Er hat das Auto bis zur Talstation gelenkt, nun fungiert er als Taschenträger, Liedzettelverteiler und Mädchen für alles.

Abseits des Gaststättenbereichs

Sachte bereiten Hofmann und Zastrow den Tisch vor, der ihnen als Altar dienen wird. Etwas abseits des Gaststättenbereichs stehen Bierbänke bereit, auf denen es sich die ersten Besucher gemütlich machen. Steffen Meinecke (24) aus Hattorf am Harz und Ronja Dorr (19) aus Steinheim an der Brenz sind für zwei Wochen im Urlaub. Sie haben sich vorab über kirchliche Angebote informiert, jetzt blicken sie erwartungsvoll in die Sonne. Ebenso wie Sabine Memmel (52) aus Schweinfurt, die ihren kurenden Mann Romwald (55) besucht. Der Glaube ist ihr wichtig, aber: "Man muss das nicht in der Kirche machen."

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Video: © katholisch.de

Entrich hört zu: Haben Sie Vorsätze für den Urlaub?

Josef Hofmann zieht sich ein schlichtes helles Gottesdienstgewand über. Man könnte den verheirateten Vater von vier erwachsenen Kindern für einen Priester halten. Die Gottesdienste sind für ihn ein "Highlight", zumal es nirgendwo anders so viele ökumenische Feiern gibt wie hier: 33 sind es jedes Jahr von Juni bis September, auf dem Hochgrat sowie den Nachbarbergen Hündle und Imberg. Sie werden "gut angenommen", sagt Theologe Hofmann.

Bei den geistlichen Angeboten arbeiten die Kirchen eng mit der örtlichen Tourismuszentrale zusammen. "Wir haben noch nie etwas gegeneinander gehabt", sagt deren Chefin Bianca Keybach. Sie nennt die Berggottesdienste die "beliebteste Veranstaltung in Oberstaufen". Marketing und Seelenheil ergänzen sich in dem Ort mit jährlich 1,4 Millionen Übernachtungen.

Die erste Zusammenarbeit gab es beim Kapellenwanderungsprogramm

Oberstaufen gilt als Mekka der Wanderer, im Marktgebiet liegen 28 Kirchen und Kapellen.  Warum nicht das eine mit dem anderen verbinden? Geführte Touren wurden angeboten, mit Erklärungen und spirituellen Impulsen. "Wir wollten eine Verbindung schaffen, diese religiösen Stätten erfahrbar zu machen", sagt Pastoralreferent Hofmann. Der Ort sorgte für den Druck des entsprechenden Flyers. Viele weitere Angebote kamen hinzu, inzwischen füllt das ökumenische Veranstaltungsprogramm "Atempausen" Dutzende Seiten.

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Es muss nicht immer der Jakobsweg sein. Auch in Deutschland können Sinnsucher sich wandernd auf den Weg machen. Die Mönche im Benediktinerkloster Meschede im Sauerland bieten seit vielen Jahren immer im Sommer Wandereinkehrtage an.

Was spricht die Touristen an? "Das Unterwegssein liegt im Trend, auch das Religiöse", fasst Josef Hofmann zusammen. Die Menschen suchten in den Ferien nach Spiritualität ohne hohe Schwellen. "Es ist eine Kurzbegegnung. Gerade das Anonyme ist ein Vorteil, vielleicht ein besonderer Wert", erläutert der Theologe. Hier biete sich die Chance, die Urlauber ("Viele können mit Kirche wenig und nichts anfangen") mit neuen Formen von Religiosität anzusprechen.

Am Hochgrat hat die Feier begonnen, selbst an den Gasttischen klappern die Leute nicht mehr ganz so laut mit ihrem Schnitzelbesteck. Pfarrer Wagner geht mit Liedzetteln herum und lädt ein. Die Musikkapelle Stiefenhofen sorgt derweil für gehobene Stimmung. Wohl an die hundert Menschen folgen bewusst der Feier, unzählige weitere stehen oder sitzen am Rande, schnuppern hinein, nehmen die Stimmung auf. "Die große Stärke des Berggottesdienstes ist seine Unverbindlichkeit", sagt Wagner. "Die Leute kommen, schauen und können auch wieder gehen."

Nachbetrachtung beim Bier

Josef Hofmann, weißes Gewand und geistlich-schwarze Mütze gegen die Sonne, sagt in seiner Predigt, es gehe nicht um Weiß und Schwarz. "Wir wollen alles, was dazwischen ist, auch erreichen." Nach der Feier packen die drei von der Kirche ihre Sachen wieder genauso unaufgeregt zusammen, wie sie sie ausgebreitet haben. Nun ist auch für sie Schnitzelzeit, während die rote Sonne in den Bodensee versinkt. Eine kleine Nachbetrachtung beim Bier. Dann reihen sich die Geistlichen in den Pulk der Wartenden, um sich in der Seilbahn zurück ins Tal bringen zu lassen.

Ob an der See oder in den Alpen, die kirchlichen Urlaubsangebote haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. "Ich erlebe dieses Arbeitsfeld als sehr fruchtbar", sagt Josef Hofmann, der seit 1998 in Oberstaufen lebt. Zwar hat man nicht jeden Tag einen Gottesdienst auf dem Hochgrat. "Es gibt auch die Niederungen des Alltags. Aber es ist etwas in Bewegung geraten."

Linktipp: Bergmessen im Bistum Augsburg

Auf einer eigenen Seite informiert das Bistum Augsburg über die Gottesdienste auf dem Berg.
Von Bernd Buchner (KNA)