Abschaffung würde zu Massenentlassungen führen

Bischof Hanke: Können uns nicht auf Kissen der Kirchensteuer ausruhen

Veröffentlicht am 17.04.2025 um 09:23 Uhr – Lesedauer: 5 MINUTEN

München ‐ Mit der "Süddeutschen Zeitung" hat der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke über das Thema Geld gesprochen. Dabei ging es um die Kirchensteuer, sein liebstes Hobby – und Momente, in denen er ein schlechtes Gewissen bekommt.

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Nach Ansicht des Eichstätter Bischofs Gregor Maria Hanke kann man die Kirchensteuer in Deutschland nicht von heute auf morgen abschaffen. "Das würde umgehend zu Massenentlassungen von Mitarbeitern führen, für die wir eine soziale Verantwortung haben. Wir tun auch viel Gutes mit dem Geld", sagte der 70-Jährige der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch online). Auf dem Kissen der Kirchensteuer könne man sich aber auf Dauer nicht mehr ausruhen. Sie werde langfristig nicht das System sein, dass die Strukturen finanziell trage. "Darauf müssen wir uns vorbereiten und uns nach neuen Quellen umsehen."

Hanke plädierte dafür, sich andere Länder anzuschauen, in denen es keine staatlich erhobene Kirchensteuer gebe. Als Beispiele nannte er Österreich, aber auch Italien, Frankreich oder die USA. Klar aber sei, ohne Beitrag der Gläubigen werde es nicht gehen. "Für unsere Kirche wird dann vieles anstrengender."

Wenn es keine Kirchensteuer mehr gäbe und man auf freiwillige Zahlungen angewiesen sei, würde der Rechtfertigungsdruck für das, was die Kirche tue, noch mehr steigen, gab der Bischof zu bedenken. So dürften, wenn etwa jemand aus der Kirche ausgetreten sei, nicht die Angehörigen bestraft werden, die denjenigen gerne katholisch beerdigen lassen möchten. Er rate den Priestern im Bistum schon jetzt, hier den Ball flach zu halten und die Einzelfälle seelsorgerisch zu beurteilen.

"Da bekomme ich ein schlechtes Gewissen"

Auf die Frage, ob er persönlich reich sei, entgegnete der Benediktiner Hanke, sein Korrektiv sei sein Bruder Bernhard. Dieser arbeite seit mehr als 50 Jahren als Priester im Nordosten Brasiliens und bekomme im Monat 250 Euro. Er selbst habe als Bischof ein hohes vierstelliges Monatsgehalt. "Da bekomme ich ein schlechtes Gewissen." Zwar besitze er keine Immobilien und keine Aktien, lediglich eine Rücklage für Notfälle. Er könne es sich aber leisten, einige soziale Projekte mit Spenden gut zu unterstützen.

Mit seinem Bischofsgehalt sei auch sein Hobby Motorradfahren möglich, räumte Hanke ein und verriet, eine BMW GS 1250 zu fahren. Zudem habe er noch eine 15 Jahre alte Triumph Sportler in der Garage. "Das ist ein Luxus, für den ich aber langsam zu alt bin. Auf der GS mache ich mit meiner Motorradgang einmal im Jahr eine Tour runter nach Friaul, Kroatien oder die Dolomiten. Ich frage mich aber wirklich oft: Gehe ich gut mit Geld um?"

„Wenn ich heute ausziehen würde, bräuchte ich ein Umzugsunternehmen, so viel hat sich angesammelt.“

—  Zitat: Bischof Gregor Maria Hanke

Geld sei wie ein Bergseil, so der Bischof. "Das kommt von irgendwoher, du kannst dich festmachen, und es hilft dir, aber es muss auch weitergehen. Wenn du den Endpunkt machst beim Geld, wenn du einen Knoten machst wie beim Seil, dann vergiftet es dich."

Er habe ohnehin ein gespaltenes Verhältnis zum Geld, sagte Hanke. Es sei wichtig, aber auch gefährlich. Er selbst habe die Erfahrung gemacht, dass Geld nicht zwingend ein Weg zum Glück sei. Als er 2006 Bischof geworden sei, sei er als Mönch mit dem geliehenen Auto seines Klosters Plankstetten nach Eichstätt gefahren und mit ein paar Schachteln ins Bischofshaus eingezogen: "Wenn ich heute ausziehen würde, bräuchte ich ein Umzugsunternehmen, so viel hat sich angesammelt. Ist das gut für mich?"

Sitzungen zu pastoralen Strukturen beanspruchen ihn

Die Ernennung zum Bischof sei ein großer Bruch zum Leben im Kloster gewesen, erzählte der Benediktiner. "Dort haben wir mit schlichten Ressourcen gearbeitet, das war alles sehr bodenständig." Plötzlich habe er aber eine Sekretärin und einen ganzen Apparat gehabt. "Darauf war ich nicht vorbereitet, das war für mich am Anfang schwierig." Scheibchen für Scheibchen habe er sich hineingraben müssen und dabei auch den ein oder anderen Durchhänger gehabt.

Was ihn stark beanspruche, seien Sitzungen, in denen es um pastorale Strukturen und Abläufe gehe, erklärte Hanke. Seiner Ansicht nach müsste ein Bischof an eine Pfarrei angebunden sein. Denn es sei ein No-Go, dass dieser nicht mehr regulär taufe, keine Kinder zur Erstkommunion führe, die Beichte nicht mehr höre, andererseits aber der erste Hirte der Diözese sei. Da sehe er eine große Kluft, sagte Hanke und verriet, manchmal an Sonntagen für kurzfristig ausgefallene Pfarrer einzuspringen. "Da tauche ich dann in irgendeiner Pfarrei unangekündigt am Altar auf, und die Gläubigen sind überrascht. Das mache ich gerne, denn es bringt mich mit den Menschen in Kontakt."

In Sachen Wirtschaft kritisierte Hanke, dass das System der sozialen Marktwirtschaft zu sehr in den Hintergrund getreten sei. Als Beispiel führte er das Bruttosozialprodukt an. Es enthalte vieles nicht, was ein großer Wert für die Gesellschaft sei. So kenne er ein Ehepaar, beide über 80 Jahre, die einen aufgelassenen Friedhof pflegten, ohne etwas dafür zu bekommen. Das sei wunderbar, erscheine aber nicht im Bruttosozialprodukt. Er wünsche sich deshalb mehr Sensibilität von der Politik, dass auch solche Werte beachtet würden. "Es geht doch nicht nur um das, was an der Börse passiert." (cbr/KNA)

17.04.25, 10 Uhr: Ergänzt um weitere Interviewaussagen Hankes.