Vatikan-Experte: Ausgangslage für Papstwahl ist dramatisch spannend
Die Kirche braucht nach Ansicht des Vatikan-Experten und Journalisten Marco Politi einen Mann der Mitte mit Charisma an ihrer Spitze. In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit den österreichischen Kirchenzeitungen sagte Politi, einige Kardinäle hätten ihm gesagt, dass man den Papst mehr denn je erst im Konklave finden werde, "also im letzten Moment, wenn man eingeschlossen ist". Bisher habe sich aber noch kein Favorit herauskristallisiert.
Wie der Experte weiter ausführte, seien sehr konservative Kardinäle mit rund 30 Prozent vertreten. Die Reformer machten rund 25 Prozent aus. In der Mitte gebe es keine klar erkennbaren Favoriten. Deshalb sei es schwierig, einen Nachfolger für Franziskus zu finden. "Man sucht wohl eine Figur der Mitte, also nicht einen Franziskus II.", so Politi. Es brauche daher eine Persönlichkeit, die versuche, die verschiedenen Teile der Kirche wieder zusammenzuführen und einen "vorsichtigen Reformkurs" zu fahren – inklusive entsprechender Anpassungen im Kirchenrecht. "Denn man sieht, dass die Struktur der Kirche, die absolutistische Monarchie des Tridentinischen Konzils, nicht mehr funktioniert", so der Vatikan-Experte weiter.
Ausgangslage "dramatisch spannend"
Die Ausgangslage für die bevorstehende Papstwahl bezeichnete der Vatikan-Experte vor diesem Hintergrund als "dramatisch spannend". Mit Sicherheit könne man aber sagen, dass die Zeit für einen afrikanischen Papst noch nicht reif sei.
Die moderne Gesellschaft brauche eine Führungspersönlichkeit mit Charisma – wie Franziskus oder Johannes XXIII., so Politi. "Nicht wie zum Beispiel Benedikt XVI., der ein Intellektueller war, ein großer Theologe, der es aber nie geschafft hat, eine richtige Beziehung zu breiten Teilen der Gesellschaft und des Kirchenvolkes aufzubauen." (KNA)