Ukrainer hoffen nach Papstbotschaft auf mehr Hilfe des Vatikan

Rückenwind von Franziskus

Veröffentlicht am 27.08.2015 um 14:15 Uhr – Von Christoph Schmidt (KNA) – Lesedauer: 
Ukraine

Vatikanstadt/Lemberg  ‐ Wirklich funktioniert hat die Waffenruhe zwischen der Ukraine und den prorussischen Separatisten nie. Seit langem warten die Ukrainer deshalb auf deutlichere Signale aus dem Vatikan. Ein päpstliches Schreiben hat nun Begeisterung ausgelöst.

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Zunächst forderte der Papst bei seinem Angelus-Gebet am Sonntag die Einhaltung des Minsker Friedensplans, der schrittweise zur Wiedereingliederung der umkämpften Region Donbass in den ukrainischen Staat führen soll. Am Montag dann, dem Nationalfeiertag anlässlich der ukrainischen Unabhängigkeit von Moskau, sandte Franziskus überdies eine Botschaft an Staatspräsident Petro Poroschenko. "Ich unterstütze die Bemühungen, die zum Frieden und zur Wiedervereinigung des Landes führen", hieß es darin. Alle ukrainischen Medien brachten diese Worte groß heraus. Damit habe sich der Papst klar an die Seite der Ukraine gestellt.

Die ukrainische Botschaft beim Heiligen Stuhl nannte das Papstschreiben ein "großes Zeichen der Solidarität mit den Ukrainern und ein mächtiges Signal an die internationale Gemeinschaft, den Einsatz für die Ukraine zu mobilisieren". Franziskus habe immer wieder seine spirituelle Unterstützung für das Land bekundet. "Wir hoffen, dass die Vatikandiplomatie damit eine neue Stufe erreicht hat und künftig deutlicher die russische Seite als Aggressor benennt", sagte Yuriy Pidlisnyy, einer der führenden Philosophen des Landes und Professor an der Katholischen Universität Lemberg, am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Zuvor kaum Stellung bezogen

In ukrainischen Kirchenkreisen hätten viele den Eindruck, dass der Papst in der Vergangenheit nicht richtig über die Lage in der Ostukraine informiert worden sei, so der frühere Leiter der Laienkommission der Ukrainischen Bischofskonferenz. So als wollten es sich die "Realpolitiker im Staatssekretariat" nicht mit Präsident Wladimir Putin und dem staatsnahen orthodoxen Moskauer Patriarchat verscherzen, einem wichtigen ökumenischen Gesprächspartner, der in dem Konflikt offiziell allerdings keine Stellung bezieht. Offene Vorwürfe in diese Richtung hatte es in der Vergangenheit auch von Bischöfen der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche gegeben, der die meisten ukrainischen Katholiken angehören.

Bild: ©KNA

Die ukrainischen Bischöfe sind im Februar zu ihrem Ad-Limina-Besuch im Vatikan mit Papst Franziskus zusammengetroffen.

Der Vatikan hat immer betont, dass sich die päpstlichen Appelle stets an beide Konfliktparteien richteten und seine Diplomatie neutral für den Frieden arbeite. Die Papst-Botschaft an Poroschenko zum Tag der ukrainischen Unabhängigkeit ist zwar ein starkes Zeichen der Anteilnahme - vergangenes Jahr hatte Franziskus es zum sonntäglichen Angelus bei einem Gebet für das Land belassen -, sie kann aber wohl nicht als politische Parteinahme für Kiew und als "Schwenk" in eine vermeintlich umgekehrte Richtung verstanden werden. Letztlich hat Franziskus damit lediglich auf die Minsker Friedensverpflichtungen gepocht, auf die sich alle Beteiligten Anfang des Jahres zumindest offiziell geeinigt haben. Dem Papst geht es vor allem um die humanitäre Katastrophe in einem Konflikt, in dem bisher auf beiden Seiten mehr als 6.400 Soldaten und Zivilisten starben.

Katholischer Einfluss gering

Eine Vermittlerrolle wie im Frühjahr zwischen Kuba und den USA kann er dabei kaum übernehmen. Dafür ist der katholische Einfluss in Russland zu gering und das kirchenpolitische Feld angesichts der orthodoxen Dominanz in beiden Ländern zu heikel. Auf anderen Politikfeldern verfolgt der Vatikan gegenüber Moskau einen pragmatischen Kurs. Mit Blick auf den Schutz der Christen in Nahost und auf rechtliche Fragen um Ehe und Familie gab es dabei in der Vergangenheit durchaus Anknüpfungspunkte mit Präsident Putin. Auch in die lange getrübten Beziehungen zum Moskauer Patriarchat ist vorsichtige Bewegung gekommen. Ein Treffen zwischen Franziskus und Patriarch Kyrill I., über das vergangenen Monat spekuliert wurde, scheint aber derzeit ebenso unwahrscheinlich wie ein Papstbesuch in Kiew.

Von Christoph Schmidt (KNA)