Augen auf!
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Vor der endgültigen Entscheidung des Bundestages über die sogenannte Neuregelung der Sterbehilfe im November dieses Jahres hat die Debatte neuen Schwung bekommen. Medienberichten zufolge sieht der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages bei drei von vier eingereichten Gesetzesentwürfen ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität. Den Juristen erscheint es problematisch, die Entscheidung über die Strafwürdigkeit einer Beihilfe zum Selbstmord an Begriffen wie "kommerziell", "gewerbsmäßig"oder "geschäftsmäßig" festzumachen. Gut so. Schließlich handeln Ärzte in der Regel kommerziell, sofern sie für ihre Leistung bezahlt werden, oder geschäftsmäßig. Ob es sich bei der Suizidbeihilfe durch einen Arzt um einen Einzelfall aus altruistischen Motiven handelt, den der Gesetzesentwurf von Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD) straffrei stellen will, oder um eine Tat in Wiederholungsabsicht, ist nicht leicht ersichtlich, aber auch irrelevant.
Einmal abgesehen von der mangelnden Verfassungskonformität: Was bedeutet es, wenn man nur die "geschäftsmäßige" Beihilfe zum Suizid verbieten will? Sieht man die Gefahr, dass bei der geschäftsmäßigen Sterbehilfe die Versuchung größer ist, Menschen das freiwillige Ausscheiden aus dem Leben nahezulegen, die es eigentlich gar nicht wollen, oder sie dahin zu bringen, dass sie es wollen?
Aber, gibt es nicht sogar "moralische" Gründe, jemanden zu bitten, aus dem Leben zu scheiden, damit er keine Last für die Familie oder für die Gesellschaft ist? Wie oft hört man aus dem Mund von älteren und kranken Menschen selbst, dass sie ihren Lieben nicht zur Last fallen wollen. Ist es so unvorstellbar, dass man den Suizid sogar als den "ultimativen Dienst" an der Familie und an der Gesellschaft vermittelt? Eins ist klar: Auch im familiären, privaten Umfeld laufen alte, leidende Menschen Gefahr, unter Druck zu geraten und den notwendigen Schutz zu verlieren – aussortiert zu werden, wie es Papst Franziskus nennen würde.
Der Blick auf schwerstkranke, leidende Menschen ruft zur liebevollen Begleitung beim Sterben auf, ob in der Familie oder im Hospiz, und nicht zur "Beihilfe zum Sterben". Klar ist auch: Die intensive Förderung von Palliativmedizin und Hospizwesen sind geboten.
Die erneut aufflammende Debatte bietet jetzt die Chance, den mit dem Adjektiv "chancenlos" ins Abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit gestellten Gesetzesentwurf der CDU-Abgeordneten Patrick Sensburg, Thomas Dörflinger und Hubert Hüppe nicht als chancenlos abzutun, sondern verstärkt in die öffentliche Debatte einzubringen. Er hat auch in der Kirche bislang zu wenig Beachtung gefunden. Er ist der einzige Entwurf, der verfassungskonform ist und den Menschen bis zum Lebensende wirklich schützt. Augen auf!