Weg mit der Bürokratie
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Zettelt Papst Franziskus etwa eine große Revolution an? Könnte man meinen, wenn er "ungeachtet gegenteiliger Bestimmungen" Priester bevollmächtigt, im Heiligen Jahr von der Sünde der Abtreibung loszusprechen. Wer den Brief des Papstes an Erzbischof Rino Fisichella aber genau liest, der erkennt, dass es sich dabei bestenfalls um ein kleines "Revolutiönchen" handelt, das aber bestens in das bisherige Programm des Papstes passt.
Franziskus kritisiert die Abtreibung weiterhin als "schwerwiegendes Übel". Er macht keine Kehrtwende bei seinem radikalen Einsatz für das Leben, und auch seine Sonderbestimmungen sind eher barmherzige Auslegung schon bestehenden Rechts. Denn bereits zuvor konnte auch der "normale" Priester Frauen von der Sünde der Abtreibung lossprechen und die damit verbundene Exkommunikation aufheben - allerdings nur vorläufig. Denn im Normalfall muss der Erlass vom zuständigen Diözesanbischof binnen eines Monats bestätigt werden. Franziskus hat aber erkannt, dass dieser doch eher bürokratische Vorgang zu kompliziert ist und zu viel Zeit kostet. Gerade im Heiligen Jahr, wo Millionen Pilger unterwegs sind und in einer anderen Diözese oder gar einem anderen Staat von ihren Sünden befreit werden, würde das zum Problem.
Die Entscheidung des Papstes offenbart deshalb wieder einmal eines seiner Hauptanliegen: Er will seine Kirche nach und nach von der schweren Last der institutionellen Bürokratie befreien, die sie sich selbst über die Jahrhunderte aufgeladen hat. Nur so hat sie wieder die Zeit und den Freiraum, sich um ihre eigentliche Aufgabe, den Dienst an den Menschen, zu kümmern. Deutlich wird das nicht nur hier, sondern auch an den großen Reformprozessen, wie sie momentan in der römischen Kurie vollzogen werden, oder an seinem Plan, das Verfahren der Eheannullierung zu vereinfachen.
Doch machen diese Beispiele auch noch etwas anderes deutlich: Der Papst plädiert zwar immer dafür, Recht und Lehre der Kirche immer wieder im Sinne der Barmherzigkeit zu deuten und vielleicht sogar etwas zu verbiegen. Einzelne Lehramtliche Aussagen hat Franziskus aber noch nie in Frage gestellt. Gerade mit Blick auf die bevorstehende Familiensynode könnte deshalb der ein oder andere Gläubige von den Entscheidungen des Papstes enttäuscht sein.