Nach nur einem Jahr: Annalena Müller muss "Pfarrblatt" verlassen
Nach rund einem Jahr als Chefredakteurin muss die Historikerin und Journalistin Annalena Müller das Berner "Pfarrblatt" wieder verlassen. Das Arbeitsverhältnis sei zum 30. November aufgelöst und sie ab sofort freigestellt worden, heißt es in einer Medienmitteilung des Vorstands der Kirchenzeitung, die die Zeitung am Freitag veröffentlichte. "Grundlage der Entscheidung sind unterschiedliche Auffassungen zur strategischen und redaktionellen Ausrichtung sowie ein fehlendes Vertrauensverhältnis, das die weitere Zusammenarbeit verunmöglicht." Der Vorstand habe sich zu "einer strategischen Neuausrichtung" entschieden und wolle dazu auch die "organisatorischen Strukturen" insbesondere im "redaktionellen Bereich" überarbeiten.
Die Redaktion des "Pfarrblatts" zeigte sich "fassungslos und sehr traurig" über die Nachricht. "Das Redaktionsteam verliert damit eine engagierte Chefin, die sich mit Herzblut für das 'pfarrblatt' eingesetzt hat." Man wünsche Müller "von Herzen alles Gute". Das Berner "Pfarrblatt" wird von einem Verein getragen, dem katholische Pfarreien angehören, die die Zeitung beziehen.
"Kirchlicher Kulturkampf"
Gegenüber der Berner Tageszeitung "Der Bund" (Donnerstag) bezeichnete Müller die Kündigung und Freistellung als "völlig überraschend". Sie sei mit dem Auftrag angestellt worden, das "Pfarrblatt" sichtbar zu machen und ein jüngeres Publikum zu erreichen. Das sei ihr auch gelungen: "Ich baute die Reichweite aus, die Zugriffszahlen haben sich vervierfacht, und wir wurden in nationalen Medien zitiert", betonte sie demnach. Schon bei ihrer Einstellung im Juli 2024 habe es allerdings Widerstand im Vorstand der Zeitung gegeben. Auch innerhalb des Vorstands gebe es – wie in der katholischen Kirche insgesamt – einen Richtungsstreit, so Müller. "In diesem kirchlichen Kulturkampf richtete ich das Blatt thematisch auch so aus, dass sich Kulturkatholiken angesprochen fühlten."
Der Präsident des "Pfarrblatts", Dyami Häflinger, betonte gegenüber dem "Bund": "Es gab Differenzen über die bisherige und die künftige Ausrichtung des 'Pfarrblatts'." Im Zusammenhang mit diesen Differenzen sei das gegenseitige Vertrauen verloren gegangen. Deshalb habe sich der Vorstand entschieden, Müller freizustellen. Ihre Aufgaben werden laut Medienmitteilung interimistisch vom Vorstand in "Zusammenarbeit mit externen Fachpersonen" übernommen. "Bis zum Abschluss des eingeleiteten strategischen Prozesses zur Neuausrichtung des Pfarrblatts wird die Chefredaktion nicht neu besetzt."
Müller hatte zum 1. Juli 2024 die publizistische Leitung des "Pfarrblatts" übernommen. Zuvor war sie Chefin vom Dienst des vom Katholischen Medienzentrum Zürich herausgegebenen Onlineportals "kath.ch". Ihre einstimmige Berufung zur Direktorin des Medienzentrums wurde durch die Schweizer Bischöfe verhindert, die ihr das notwendige "Nihil obstat" (Unbedenklichkeitserklärung) verweigerten. (cbr)