Die Kirche sollte im "Pride Month" nicht polarisieren
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Dass der Juni als Herz-Jesu-Monat gilt, ist heute vielen katholischen Gläubigen kaum noch bekannt. Das Herz-Jesu-Fest wird am dritten Freitag nach Pfingsten gefeiert – ein Tag, der gewöhnlich in den Juni fällt – und erinnert an die göttliche Liebe. Es knüpft an den biblischen Bericht von der Durchbohrung des Herzens Jesu am Kreuz an und hat die christliche Spiritualität über Jahrhunderte hinweg geprägt.
Eine andere, mittlerweile weit bekanntere Tradition im Juni ist der sogenannte "Pride Month". Er geht auf die Proteste gegen eine Polizeirazzia im Juni 1969 in der New Yorker Schwulenbar "Stonewall" zurück. Seither demonstrieren weltweit Menschen gegen Diskriminierung von queeren Personen. Die Regenbogenflagge ist zum prägenden Symbol geworden – für Vielfalt, Gleichwürdigkeit und Frieden. Interessanterweise hat auch sie biblische Wurzeln: Sie erinnert an Gottes Bund mit Noah nach der Sintflut.
In diesem Jahr hat der Erzbischof von Toronto, Kardinal Leo Francis (53), die Gläubigen dazu aufgerufen, die Herz-Jesu-Frömmigkeit neu zu beleben. Dabei betonte er, "unsere Traditionen" müssten geehrt werden und der Glaube dürfe nicht durch Symbole gefährdet werden, "die Gottes Offenbarung widersprechen". Solche Zeichen führten zur "Verwirrung darüber, was der katholische Glaube über den Menschen, die menschliche Natur und das natürliche Sittengesetz lehrt".
Ein Bischof sollte Brücken bauen. Auch wenn Kardinal Leo die Pride-Flagge nicht direkt nennt, ist seine Botschaft eindeutig. Solche Aussagen polarisieren – und sie heizen die Stimmung auf. Sie mit der Herz-Jesu-Spiritualität zu verknüpfen, ist nicht nur theologisch fragwürdig, sondern widerspricht dem Geist Jesu. In meinem Umfeld wurde kürzlich eine Regenbogenfahne in einem kirchlichen Raum von einem religiös motivierten Täter zerstört. Solche Taten sind die Folge eines Klimas der Abgrenzung.
Wer Klarheit fordert, sollte selbst nicht zur Verwirrung beitragen. Die katholische Kirche sollte aufhören zu polarisieren. Nur so kann verhindert werden, dass sich Gewalt gegen Symbole irgendwann auch gegen Menschen richtet.
Der Autor
Der Dominikaner Max Cappabianca ist Leiter der Katholischen Studierendengemeinde Hl. Edith Stein in Berlin. Von 2009 bis 2016 war er Mitarbeiter der vatikanischen Ostkirchenkongregation.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.
