Vom Muslim zum Christen
Einen grundsätzlichen Trend sieht aber weder die katholische noch die evangelische Kirche bei Muslimen, die aktuell nach Deutschland kommen. Wie viele jährlich Christen werden, erfassen beide nicht. Die Deutsche Bischofskonferenz, die die Zahlen außerregulär vor sechs Jahren erhob, spricht von 300 Taufen von Muslimen im Jahr 2009.
Warum wechseln muslimische Flüchtlinge den Glauben? Als Christen steigen ihre Chancen auf Asyl, weil sie im Heimatland verfolgt würden. Apostasie - Abfall vom islamischen Glauben - hätte zum Beispiel in Iran schwerwiegende Folgen. Nicht gleich die Todesstrafe, aber zum Beispiel Enteignung oder eine Gefängnisstrafe, sagen Experten.
Ist der Glaubenswechsel aus echter Überzeugung geschehen?
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erkennt eine Konversion eines Asylbewerbers als Schutzgrund an, wenn ihm wegen seines Glaubensübertritts im Heimatland Verfolgung droht. Dabei wird beurteilt, "ob der Glaubenswechsel des Antragstellers aus asyltaktischen Gründen oder aus echter Überzeugung" erfolgt ist, erklärt Natalie Psuja vom BAMF. An sich werde aber der durch Taufbescheinigung nachgewiesene Glaubenswechsel nicht angezweifelt. "Es wird generell unterstellt, dass eine sorgfältige Taufbegleitung von Seiten der christlichen Gemeinden erfolgt ist", so Psuja.
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Ob Naturkatastrophen, Armut oder Terror: Täglich verlassen Menschen ihre Heimat, um anderswo ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Die Flüchtlinge kommen auch nach Deutschland. Das bedeutet eine große Herausforderung für Politik, Gesellschaft und Kirche.Oborski ist ein Seelsorger, der seinen Schützlingen zuhört und ihre Lebensgeschichten ernst nimmt. Die Gründe zur Konversion sind für ihn erst einmal nicht entscheidend - und auch nicht immer offensichtlich. "Natürlich gibt es Menschen, die lassen sich taufen und tauchen danach beim Gottesdienst in der Gemeinde nie wieder auf", sagt er. Es gibt aber auch die, die sich bereits zu Hause im Iran heimlich in christlichen Hausgemeinden trafen, erzählt Oborski. "Ihnen fehlt zum Christsein nur noch der Taufschein." Und den bekommen sie, wenn sie nach Deutschland kommen - vielleicht auch ein Grund, dem Heimatland überhaupt den Rücken zu kehren.
Ein Jahr bis zur Taufe in der katholischen Kirche
Ein halbes Jahr dauert es bei der evangelischen Iranerseelsorge in der Regel bis zur Taufe, die katholische Kirche setzt ein ganzes Jahr dafür an. Damit will man auch sicher gehen, dass der Christ in spe sich über die Tragweite seines Vorhabens im Klaren ist. Eine ganze Broschüre der Deutschen Bischofskonferenz informiert darüber: Die Familie wendet sich ab oder die Ehe wird automatisch aufgelöst, weil nach islamischem Recht etwa eine Muslimin nicht mit einem Nicht-Muslim verheiratet sein darf. Auch könnten Muslimen, die zum Christentum konvertierten, "auch in Deutschland Gefahren für Leib und Leben erwachsen", heißt es in dem Blatt.
Iran und Afghanistan sind Länder, bei denen die Anerkennungsquote von Flüchtlingen in Deutschland ohnehin sehr hoch ist. "Nötig" haben diese muslimischen Migranten die Taufe also eigentlich nicht. Oborski verweist auf die Historie. "Die iranische Seele liegt dem christlichen Glauben näher als dem Islam", sagt er. Schließlich sei die Hälfte der Iraner einmal christlich gewesen. Ihre Gemeinden gehören zu den ältesten christlichen Gemeinschaften weltweit.