Rundbrief nennt Bedingungen – Gegner nur teilweise zufrieden

Details zum Kompromiss im Liturgiestreit bekannt

Veröffentlicht am 30.06.2025 um 13:19 Uhr – Lesedauer: 

Kochi ‐ Am Sonntag wurde in allen Kirchen des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly ein Rundbrief verlesen, der den Liturgiestreit beenden soll. Die Gegner der umstrittenen Liturgiereform akzeptieren den Kompromiss – nicht ohne einen bitteren Blick zurück.

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Der Kompromiss zur Lösung des syro-malabarischen Liturgiestreits ist nun auch offiziell verkündet worden. In einem Rundschreiben an die Gläubigen des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly teilen Großerzbischof Raphael Thattil und sein Vikar Joseph Pamplany die elf Punkte mit, auf die sich die protestierenden Gläubigen und die Kirchenleitung verständigt haben. Das Rundschreiben wurde am Sonntag in allen Kirchen und Einrichtungen des Großerzbistums verlesen. Bereits in der vergangenen Woche wurden erste Details der Einigung bekannt. In dem Rundschreiben weisen die Bischöfe darauf hin, dass das Ergebnis nicht als bloßer Kompromiss, "sondern als ein wohlüberlegter synodaler Friedensbeschluss unter Berücksichtigung der pastoralen Umstände" zu verstehen sei.

Der erste der elf Punkte hält fest, dass die von der Synode der syro-malabarischen Kirche beschlossene "einheitliche Form" der Liturgie unverändert bestehen bleibt. Die Einführung dieser Form, bei der der Priester die Eucharistie "ad orientem", also mit dem Rücken zum Volk, zelebriert, ansonsten aber sich dem Volk zuwendet, hatte für Proteste gesorgt. Im Großerzbistum Ernakulam-Angamaly wollte ein großer Teil von Priestern und Gläubigen an der seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) gewachsenen Form festhalten, bei der die Zelebrationsrichtung einheitlich in Richtung des Volks ist.

Rechtsstreitigkeiten sollen beigelegt werden

Die Feier durchweg in Richtung des Volks ist künftig in Pfarreien dann zulässig, wenn an Sonn- und Feiertagen mindestens eine Messe in der einheitlichen Form gefeiert wird, und zwar in den Zeitfenstern zwischen 5.30 und 10.30 Uhr oder zwischen 15.30 und 18 Uhr. Diese Regelung ist auch in Gemeinden anzuwenden, in denen noch Zivilrechtsverfahren anhängig sind, aber nur insofern dadurch nicht staatliche Gerichte missachtet werden. Weitere Änderungen an der Liturgie wird die Synode der Vereinbarung nach nur angehen, wenn sie "im Geiste der Synodalität" mit den kirchenrechtlichen Gremien des Großerzbistums beraten werden. Weitere Vereinbarungen betreffen die Nutzung des Altarraums gemäß der liturgischen Bestimmungen sowie die Ermöglichung der Feier der einheitlichen Form durch auswärtige Bischöfe in allen Kirchen. Eventuelle Streitigkeiten in Gemeinden sollen einvernehmlich gelöst werden.

Großerzbischof Raphael Thattil vereidigt das Gerichtspersonal des Sondergerichts
Bild: ©Syro-Malabar Media Commission (Archivbild)

Großerzbischof Raphael Thattil (vorne, von hinten) bei der Vereidigung des Gerichtspersonal des Sondergerichts, das für Disziplinarverfahren im Kontext des Liturgiestreits eingerichtet wurde. Das Gericht scheint vorerst weiter zu bestehen.

Neugeweihte Priester, die sich bei ihrer Weihe darauf verpflichten mussten, die Liturgie nur in der einheitlichen Form zu feiern, sind grundsätzlich weiter an dieses Versprechen gebunden. Sie können aber um eine Dispens von diesem Versprechen bitten, die nach Prüfung durch das Großerzbistum gewährt werden soll, wenn die pastorale Situation in den Pfarreien es erfordert. In den ersten Berichten über die Einigung hieß es noch, dass die Verpflichtung generell zurückgenommen worden sei.

Bei Priestern, gegen die Disziplinarverfahren laufen, wird eine gütliche Streitbeilegung unter Berücksichtigung der kanonischen Möglichkeiten angestrebt. Das Großerzbistum werde außerdem bei staatlichen Prozessen auf eine Beilegung hinarbeiten. Eine Auflösung des für den Liturgiestreit eingerichteten kirchlichen Sondertribunals ist den Vereinbarungen zufolge nicht vorgesehen. Schließlich werden die Mitarbeiter der Kurie mit Inkrafttreten der neuen Regeln am 3. Juli, dem Festtag des Apostels Thomas, ausgetauscht.

Gegner der Liturgiereform akzeptieren Kompromiss

Die Gegner der Liturgiereform antworteten unmittelbar auf das Rundschreiben mit einem von Kuriakose Mundadan, dem Sekretär des Priesterrats, unterzeichneten Schreiben. Klerus und Laien würden die Maßnahmen akzeptieren: "Ich bete zum Heiligen Herzen Jesu, dass dieses Rundschreiben die seit 2021 bestehende schwere liturgische Krise lindert und dass der Frieden und die Einheit, die sich das Volk Gottes in der Großerzdiözese so sehr wünscht, gedeihen mögen." In dem Brief erinnert Mundadan aber auch daran, dass nicht alle Forderungen erfüllt wurden. Die Versicherung des Großerzbischofs, das weitere Vorgehen synodal zu beraten, begrüßte er aber.

Cyril Vasil, griechisch-katholischer Bischof von Kosice
Bild: ©Johannes Senk/KNA (Archivbild)

Cyril Vasil, der griechisch-katholische Bischof von Kosice sollte als Päpstlicher Delegat den Liturgiestreit befrieden – doch mit hartem Vorgehen gegen Gegner der einheitlichen Liturgie machte er sich keine Freunde.

In seinem Brief äußert Mundadan neben Grundsatzkritik an der einheitlichen Form und der Art, wie sie von der Synode beschlossen wurde, vor allem Kritik am Umgang früherer Verantwortlicher mit den Kritikern der Liturgiereform. Der vom Vatikan zur Lösung der Krise eingesetzte Delegat, Erzbischof Cyril Vasil, habe die Krise nicht einvernehmlich zu lösen versucht, sondern sie sogar noch verschärft. Dem zeitweise zum Apostolischen Administrator des Großerzbistums ernannten Bischof Bosco Puthur wirft Mundadan ein unangemessen hartes Vorgehen gegen Protestierende vor. Seinem Nachfolger, Bischof Joseph Pamplany, stellt der Priester dagegen ein besseres Zeugnis aus. Erst er habe auf einen offenen Umgang mit Priestern und Gläubigen gesetzt, der letztlich zu dem nun erzielten Durchbruch geführt habe.

Nicht einmal Papst Franziskus konnte schlichten

Der Streit in der syro-malabarischen Kirche schwelt seit Jahren. Die einheitliche Form sieht die Zelebrationsrichtung gen Osten vor, also mit dem Rücken zum Volk, während der Priester sich bei Lesungen und Gebeten dem Volk zuwendet. Gegner der einheitlichen Form wollen die durchgängige Feier in Richtung des Volkes beibehalten, die sich unter westkirchlichem Einfluss der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils entwickelt hat. Die neue Form der Liturgie wurde von der Synode, dem höchsten beschlussfassenden Gremium der Kirche, 2021 beschlossen. Während der Großteil der katholischen Ostkirche eine Reform der Messfeier übernommen hat, protestieren im zentralen Großerzbistum Ernakulam-Angamaly im indischen Bundesstaat Kerala Kleriker und Laien. Alle Vermittlungsversuche vor dem aktuellen – auch durch Papst Franziskus (2013–2025) persönlich – sind bislang gescheitert.

Die syro-malabarische Kirche im Südwesten Indiens ist die größte der heutigen Kirchen und Gemeinschaften der Thomaschristen, die im 1. Jahrhundert durch den Apostel Thomas auf seinen Missionsreisen gegründet worden sein sollen. Durch Verbindungen zur Assyrischen Kirche des Ostens feiert sie ihre Liturgie im ostsyrischen Ritus. Im Laufe ihrer Geschichte gab es immer wieder teils kolonialistische Einflüsse, die zu einer Übernahme westkirchlicher liturgischer Elemente führten. (fxn)