Ein Platz für Martin Luther
Wenige Jahre nach der Reise in diese Lasterhöhle leitete der Mann aus der sächsischen Provinz mit den Wittenberger Thesen gegen den Ablasshandel 1517 die Spaltung der abendländischen Kirche ein - und wurde in Rom zur Unperson. Doch 500 Jahre später stehen auch am Tiber die Zeichen auf Versöhnung. An diesem Mittwoch wird Bürgermeister Ignazio Marino in der Hauptstadt Italiens die "Piazza Martin Lutero", den "Martin-Luther-Platz" einweihen.
In einem Park auf dem Oppio-Hügel soll dann ein bisher unbenannter kleiner Platz den Namen Luthers mit dem erklärenden Zusatz "Deutscher Theologe der Reformation" tragen. Vor fünf Jahren habe die Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Kirchen in Rom beim Stadtrat den Antrag gestellt, einen Platz oder eine Straße nach dem Reformator zu benennen, erzählt Jens-Martin Kruse, der Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Roms. Es habe "viel Einverständnis und Zustimmung" gegeben, bürokratische Hürden wurden "mit Gottvertrauen und Gelassenheit" überstanden.
Der Park liegt gleich neben dem Kolosseum, also mittendrin im alten Rom. Dort finden sich die Ruinen der nach Kaiser Trajan (98-117) benannten Thermen und das auf Nero (54-68) zurückgehende Domus Aurea. Auf dem künftigen Luther-Platz steht ein achteckiger Brunnen ohne Wasser. Kinder spielen darin, während Anwohner und Touristen auf den Steinbänken ringsum hocken. In dem leicht heruntergekommenen Oppio-Park sammeln sich aber auch viele Bootsflüchtlinge, die es aus Mali, Gambia oder Burkina Faso übers Mittelmeer nach Italien geschafft haben. Manche wohnen gar im Park und schlafen unter den Bäumen, immer auf der Hut vor der Polizei.
Früher unerwünscht, nun anerkannt
Den Standort des Luther-Platzes hat die Kommune ausgesucht, und Pfarrer Kruse ist eigentlich sehr zufrieden damit, auch wenn seine Kirche einen anderen Vorschlag hatte. "Wir Christen müssen da sein, wo Not und Elend dieser Welt sind", sagt er mit Blick auf die Flüchtlinge im Park. Kruse erinnert an die 200-jährige Geschichte der Lutheraner in Rom: Als sie 1817 herkamen, konnten sie ihre Gottesdienste nur in der preußischen Gesandtschaft feiern. Denn bis zur Einigung Italiens 1870 gehörte ganz Rom zum Kirchenstaat. "Als wir herkamen waren wir unerwünscht, heute sind wir anerkannt und erwünscht. Das ist für uns eine Verpflichtung, für die da zu sein, die heute unerwünscht sind", sagt Kruse.
Längst haben die deutschen Protestanten ihr eigenes Gotteshaus in Rom. Kruse rechnet in nächster Zeit mit einem Besuch von Papst Franziskus in der Christuskirche - so wie schon dessen Vorgänger Benedikt XVI. und Johannes Paul II. da waren. "Es ist ein Zeichen der Ökumene, dass es heute auch in Rom möglich ist, sich an Luther als Zeugen des Evangeliums zu erinnern", sagte Kruse zur Platztaufe.
Aktuell: Martin-Luther-Platz Roms eingeweiht
Rom hat jetzt einen Martin-Luther-Platz. Bürgermeister Ignazio Marino enthüllte am Mittwoch in einem Park unweit des Kolosseums das steinerne Straßenschild mit der Aufschrift "Piazza Martin Lutero". Der Pfarrer der evangelisch-lutherischen Gemeinde Roms, Jens-Martin Kruse, würdigte die Benennung während der Zeremonie als "Zeichen eines weltoffenen Roms" und "Ausdruck der gelebten Ökumene". Zu der Zeremonie war auch die Oberbürgermeisterin von Luthers Geburtsstadt Eisleben, Jutta Fischer, mit einer Delegation aus Sachsen-Anhalt angereist. Sie lobte die Entscheidung der Stadt Rom in ihrer Ansprache als "große Würdigung für den deutschen Reformator". Neben der Delegation aus Sachsen-Anhalt nahmen auch mehrere Bundestagsabgeordnete aus Sachsen an der Zeremonie teil, die sich zu politischen Gesprächen in Rom aufhielten. (KNA)HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Der neue "Martin-Luther-Platz" liegt im Herzen des alten Roms nahe dem Kolosseum.