"Holy Sovereignty Protection Act" will die Steuerprobleme Leos lösen

Der Papst soll Amerikaner bleiben – hilft ein Gesetz?

Veröffentlicht am 14.08.2025 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Ein Papst hat traditionell viel zu tun. Auf dem Aufgabenzettel von Leo XIV. steht dabei auch eine Steuererklärung. Die muss Leo als US-Amerikaner abgeben, obwohl er nicht mehr in den USA lebt. Hilft ein Gesetzesentwurf, den der Kongress gerade berät? Experten sind skeptisch.

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"Nichts auf dieser Welt ist sicher – außer der Tod und Steuern", sagte der amerikanische Gründervater Benjamin Franklin. Selbst für Päpste gilt das. Und für den ersten US-amerikanischen Papst Leo XIV. erst recht. Obwohl Leo vor seiner Papstwahl über Jahrzehnte außerhalb der USA lebte und zusätzlich zu seiner amerikanischen auch die peruanische und die vatikanische Staatsbürgerschaft gesammelt hat, ist er weiterhin in den USA steuerpflichtig.

Die USA sind eines der wenigen Länder weltweit, das seine Bürger nach dem Prinzip der Welteinkommenssteuer besteuert: US-Staatsbürger müssen unabhängig von ihrem Wohn- und Aufenthaltsort ihr gesamtes Einkommen den Steuerbehörden melden. Auch dann, wenn sie Papst sein sollten. In der Praxis ist das gar nicht so einfach: Ein geregeltes festes Einkommen hat Papst Leo XIV. nicht, der Vatikan kommt für seine Bedürfnisse auf. Gleichzeitig ist der Papst als Oberhaupt der Kirche und des Staats der Vatikanstadt zeichnungsberechtigt für das Vermögen der Kirche. US-Bürger im Ausland müssen dem Fiskus Bericht erstatten, wenn sie ausländische Bankkonten haben, deren Gesamtwert 10.000 Dollar übersteigt.

Das Meisterstück für einen Steuerberater

Die Steuererklärung von Papst Leo XIV. dürfte also das Meisterstück für einen Steuerberater sein. So verzwickt ist die Situation, dass schnell nach der Wahl Befürchtungen aufkamen, der erste US-amerikanische Papst könnte genau deshalb auf seine US-Staatsbürgerschaft verzichten.

Diese Schmach will eine Gruppe von Abgeordneten des Repräsentantenhauses abwenden. Der Republikaner Jeff Hurd reichte Mitte Juli den Entwurf für einen "Holy Sovereignty Protection Act" ein, sechs weitere Abgeordnete unterstützen bereits den Entwurf. Das Gesetz soll dafür sorgen, dass es keinen Grund für den Papst gibt, seine Staatsbürgerschaft abzugeben: Ein Paragraph soll verhindern, dass einem Papst die US-Staatsbürgerschaft entzogen werden kann, ein weiterer befreit ihn von der Einkommenssteuer.

Der zweiseitige Gesetzesentwurf H.R. 4501, "Holy Sovereignty Protection Act"
Bild: ©Canva/US-Kongress (Montage katholisch.de)

Der Gesetzesentwurf mit der Nummer H. R. 4501 hat es sich zur Aufgabe gemacht, "die Staatsbürgerschaft eines jeden US-Staatsbürgers, der zum Pontifex maximus der Römisch-katholischen Kirche gewählt wird, zu schützen und ihm einen steuerbefreiten Status zu geben".

Die Regelung zur Steuerbefreiung soll ab dem Steuerjahr gelten, in das der 8. Mai 2025, das Datum der Wahl Papst Leos, fällt. Die Steuerbefreiung gilt nur für die Steuerjahre, in denen ein Papst im Amt ist. Emeritierte US-amerikanische Päpste sollen demnach nicht von der Einkommenssteuer befreit werden. Der Schutz der Staatsbürgerschaft soll mit Inkrafttreten des Gesetzes wirksam werden und gilt für alle Bürger, die zum Papst gewählt werden – also auch noch nach einem Rücktritt.

"Der Entwurf wirft einige knifflige Fragen auf"

Auch wenn der Gesetzesentwurf sehr kompakt ist: Was auf dem Papier einfach klingt, ist rechtlich wohl komplizierter, als es sich die Abgeordneten um den Katholiken Hurd aus Colorado vorstellen. Der Religionsverfassungsrechtler Mark Movsesian sieht gegenüber katholisch.de einige Probleme: "Der Entwurf wirft einige knifflige Fragen auf." Movsesian ist Professor an der katholischen St. John's Law School in New York und leitet dort das "Mattone Center for Law and Religion".

Er liest den Paragrafen zum Schutz der Staatsbürgerschaft so, dass damit beabsichtigt ist, den Papst vor einem Entzug seiner Staatsbürgerschaft durch die US-Regierung zu schützen. Ein solcher Entzug wäre ohnehin schwierig. Das US-Recht sieht zwar einige Fälle vor, in denen eine Staatsbürgerschaft verloren gehen kann – etwa bei Annahme einer anderen Staatsbürgerschaft oder bei der Übernahme eines Regierungsamts in einem anderen Staat. Das allein genügt jedoch nicht. Es müsste zugleich die Absicht bestehen, die Staatsbürgerschaft aufzugeben.

Nicht alle Steuerprobleme wären gelöst

Die Frage wäre also, ob Leo mit seiner Annahme der Wahl zum Papst zugleich seine US-Staatsbürgerschaft aufgeben wollte, oder ob das vielleicht schon mit Amtsantritt als Präfekt des Bischofsdikasteriums – ein Amt, das mit der vatikanischen Staatsbürgerschaft verbunden ist – beabsichtigt war. Das wäre ohne klare Aussage schwer zu beweisen – und den Prozess müsste die US-Regierung anstoßen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Trump-Regierung oder irgendeine andere US-Regierung das vor einem Gericht überprüfen lassen würde", schätzt Movsesian: "Politisch wäre es viel zu unpopulär, so etwas zu tun."

Ob das vorgeschlagene Gesetz alle steuerrechtlichen Probleme des Papstes löst, ist ungewiss. Der Entwurf setzt sehr knapp lediglich Abschnitt A des US-Steuerrechts außer Kraft, der die Einkommenssteuer regelt. "Das reicht aus, um Papst Leo von der US-Einkommenssteuer auszunehmen", erläutert der an der Loyola Law School der Jesuitenhochschule in Los Angeles lehrende Steuerrechtler Theodore Seto gegenüber katholisch.de. "Das geht aber nicht ausdrücklich darauf ein, ob er gemäß Abschnitt F eine Steuererklärung abgeben müsste", ergänzt er. Das sei aber ein eher kleines Problem: "Er könnte einfach eine Steuererklärung abgeben, in der er angibt, kein zu versteuerndes Einkommen erzielt zu haben."

Papst Franziskus spricht vor dem Kongress der USA
Bild: ©picture alliance/AA/Samuel Corum (Archivbild)

Papst Franziskus hat schon vor dem US-Kongress gesprochen. Aktuell spricht der Kongress über Papst Leo XIV. – der Gesetzesentwurf zum Schutz seiner Staatsbürgerschaft wird erst einmal im Finanz- und Justizausschuss debattiert.

Auch mit dem vorgeschlagenen Gesetz würde Leo der Lohnsteuer und den Abgaben für die Sozialversicherung und das Gesundheitssystem unterfallen – aber nur für in den USA verdientes Einkommen. Das dürfte nach der Einschätzung Setos nicht besonders relevant sein. Lediglich bei einem Papstbesuch in den USA wäre zu prüfen, ob dabei lohnsteuerpflichtiges Einkommen anfällt. "Eine unglückliche Lücke im Gesetz, aber wahrscheinlich kein großes finanzielles Problem", schätzt Seto.

Zwei Religionsführer aus Chicago

Die größten Bedenken gegenüber dem Gesetzesentwurf sind verfassungsrechtliche. "Das könnte ein Problem mit dem Establishment clause geben", betont Movsesian. Der Establishment clause ist die Bestimmung im ersten Verfassungszusatz, die es dem Staat verbietet, eine Staatsreligion einzurichten. In der Auslegung der Gerichte umfasst das die staatliche Neutralität gegenüber Religionsgemeinschaften und damit ein Gleichbehandlungsgebot. "Das Gesetz bevorzugt offensichtlich eine bestimmte Religion – es versucht nicht einmal, neutral zu scheinen", so Movsesian.

Dabei gebe es noch zumindest einen ähnlich gelagerten Fall: Seit 2021 ist der Katholikos der Assyrischen Kirche des Ostens, der seinen Sitz im Irak hat, ein US-Amerikaner. Mar Awa III. heißt mit bürgerlichem Namen David Royel und kommt wie der Papst aus Chicago. "Warum wird er nicht genauso durch das Gesetz geschützt?", fragt Movsesian. Zwar könnte man sagen, dass der Papst anders als der assyrische Patriarch ein Staatsoberhaupt ist und seine Staatsbürgerschaft deshalb besonders geschützt werden müsse. "Aber es scheint irgendwie nicht richtig, ein Gesetz zu erlassen, um spezifisch das Oberhaupt einer bestimmten Religion zu schützen."

"Ich bezweifle, dass der Entwurf verabschiedet wird"

Das Unbehagen des Religionsverfassungsrechtlers bleibt aber wohl theoretisch. Denn diese verfassungsrechtlichen Bedenken vor ein Gericht zu bringen, wäre gar nicht so einfach, erläutert er: "Ich kann mir nicht vorstellen, wer in dem Fall klageberechtigt wäre, um das Gesetz für verfassungswidrig zu erklären." Zwar seien die US-Gerichte bei Establishment-clause-Fällen recht großzügig, was die Klagebefugnis angeht. "Aber es hat ja niemand einen konkreten Schaden dadurch, dass die Regierung nichts unternimmt, um einem Dritten die Staatsbürgerschaft zu entziehen", betont Movsesian.

Für Movsesian ist der Entwurf vor allem ein interessantes Gedankenexperiment von rein akademischem Interesse. "Ich bezweifle, dass der Entwurf verabschiedet wird", schätzt er die Lage ein. Es sei ohnehin sehr unwahrscheinlich, dass die befürchteten Probleme überhaupt eintreten. Niemand wolle dem US-Papst an die Staatsbürgerschaft. "Das ist also eine Lösung für ein Problem, das gar nicht existiert."

Von Felix Neumann

Der Gesetzentwurf H.R. 4501 "Holy Sovereignty Protection Act" im Volltext

In der Parlamentsdatenbank des US-Kongresses ist der vollständige Text des vorgeschlagenen Gesetzes zum Schutz der Staatsbürgerschaft von US-amerikanischen Staatsbürgern im Papstamt zu finden.