Standpunkt

Vergessen wir Frère Roger Schutz nicht!

Veröffentlicht am 15.08.2025 um 00:01 Uhr – Von Volker Resing – Lesedauer: 

Bonn ‐ An diesem Samstag jährt sich der Todestag von Frère Roger Schutz, dem Gründer der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, zum 20. Mal. Volker Resing erinnert zu diesem Anlass an die Bedeutung der Gemeinschaft für den Glauben tausender junger Menschen.

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Manchmal, wenn ich irgendwo ein Taizé-Lied höre, werden meine Jugend-Erinnerungen wach. Die sanfte Stimme des Gründers der ökumenischen Gemeinschaft kommt mir in den Sinn. Bei meinen Besuchen Anfang der 1990er Jahre in dem kleinen französischen Dorf konnte ich den Prior zwar nicht wörtlich verstehen, seine Botschaft ist mir aber immer noch sehr gegenwärtig.

An diesem Samstag vor 20 Jahren wurde Frère Roger Schutz von einer geistig verwirrten Frau während des Abendgebets in der Kirche der Versöhnung von Taizé niedergestochen. Für mich ist er zu einem spirituellen Heiligen der Gegenwart geworden. Vergessen wir ihn nicht!

Frère Roger und Taizé haben mit den Jugendtreffen, mit der eigenen Spiritualität und nicht zuletzt mit der Musik die Kirchen in Europa mehr verändert als viele Schriftstücke aus Rom oder von Bischofskonferenzen zusammen. Viele Jugendliche wurden durch Taizé zum Glauben geführt oder haben in Taizé ihren christlichen Weg entdeckt, der vor allem konfessionelle, aber auch nationale Grenzen überwinden konnte. Es ist eine Art Missionswerk, das immer weiter Früchte trägt.

Besonders an eine kleine Begebenheit muss ich manchmal angesichts der aktuellen Konflikte in unserer Kirche denken. Begeistert von Taizé kamen Jugendliche immer wieder zu den Brüdern und fragen sie, wie sie ihre Erfahrungen aus Burgund mit nach Hause bringen könnten. Manche wollten gerne selbst Taizé-Gruppen gründen und zu Gebeten einladen. Die Brüder reagierten dann überraschend brüsk und sagten: Geht zu Eurem Pfarrer und fragt den!

Die Anweisung verstörte manche. Was hat Taizé mit der verstaubten Kirche daheim zu tun? Doch es blieb dabei: Taizé gibt es nicht ohne die Ortskirchen, so die Ansage. "Wir sind keine Bewegung", sagte ein Bruder einmal. Eigentlich verstehe ich heute erst die Weisheit des damaligen Diktums. Es gilt für vieles in der Kirche. Wer sein Ding machen will, sollte es auch mit denen versuchen, die er nicht ganz so großartig findet. Sonst ist es eben nicht Christentum. Das lehrt mich Frère Roger an seinem Todestag.

Von Volker Resing

Der Autor

Volker Resing leitet das Ressort "Berliner Republik" beim Magazin "Cicero".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.