Bischofskonferenz stellt neues Dokument "Gemeinsam Kirche sein" vor

Impulse statt Gesetzestexte

Veröffentlicht am 23.09.2015 um 15:50 Uhr – Lesedauer: 
Vollversammlung

Fulda ‐ Bei ihrer Vollversammlung in Fulda haben die deutschen Bischöfe am Mittwoch das neue Dokument "Gemeinsam Kirche sein" vorgestellt. Darin geht es um neue Leitungsmodelle, die Gerechtigkeit der Geschlechter und den Weg hin zu einer Kirche des Volkes Gottes.

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"Gemeinsam Kirche sein" wolle den Weg begleiten, auf dem sich die Menschen in den Bistümern befänden - den Weg von der Volkskirche zu einer Kirche des Volkes Gottes, so die Bischofskonferenz. Das Dokument entstand als ein Ergebnis des vor wenigen Tagen in Würzburg zu Ende gegangenen Gesprächsprozesses der Bischofskonferenz.

Der Vorsitzende der Pastoralkommission, Bischof Franz-Josef Bode, erläuterte den Entstehungsprozess des Dokumentes. Insbesondere sei es darum gegangen, die beiden Konzilsdokumente mit den gegenwärtigen theologischen und pastoralen Fragen neu zu lesen. Dabei sei es auch notwendig gewesen, sich mit den in den vergangenen Jahren sichtbar gewordenen pastoralen Umbrüchen, ihren gesellschaftlichen und kirchlichen Hintergründen sowie mit den Konsequenzen für Priester und Laien, Hauptberufliche und Ehrenamtliche zu befassen. "Es ging uns darum, die theologisch-geistliche Sicht von Kirche, die das Konzil uns vorgelegt hat, für die Pastoral der Kirche von heute und ihre Träger und Akteure fruchtbar zu machen", so der Bischof von Osnabrück.

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Video: © katholisch.de

"Wir müssen weg von der Versorgungslogik und hin zu einer Partizipationslogik" betonte Bischof Felix Genn bei der Herbst-Vollversammlung 2015 im Rahmen der Vorstellung des Dokumentes "Gemeinsam Kirche sein. Wort der deutschen Bischöfe zur Erneuerung der Pastoral".

Die Beratungen zum Dokument seien auch für die Bischöfe ein wichtiger Lernprozess gewesen. "Es war beeindruckend zu erleben, wie im Prozess unserer Beratungen vertraute Aussagen des Konzils neu in die Mitte rückten und zum Leuchten kamen. Indem das Konzil das Gemeinsame vor die Unterschiede stellt, wird auch deutlich: Das gemeinsame Priestertum aller Getauften und das Priestertum des Dienstes sind als zwei Ausgestaltungen des einen Priestertums Jesu Christi wechselseitig aufeinander verwiesen", sagte Bode. Es gehe deshalb nicht nur um ein Miteinander, sondern theologisch und sprachlich korrekter um ein Zueinander von Klerus und Laien, von Charismen und Diensten in der Kirche.

Der münstersche Bischof Felix Genn, der in der Bischofskonferenz Vorsitzender der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste ist, würdigte das neue Dokument als wichtigen Impuls für die weitere Arbeit der Kirche: "Die Veränderungen in der Kirche in Deutschland sind mit dem Wort 'Gemeinsam Kirche sein' keineswegs beendet. Vielleicht ist es auch nur eine Art Zwischenbericht auf einem längeren Weg, den wir formuliert haben."

Die in dem Dokument festgehaltenen Gedanken verstünden sich als Impulse; es seien keine Gesetzestexte. "Eher werfen sie Fragen auf, als dass sie sie beantworten - vor allem, wie dem Zeugnis der Kirche vor Ort, den Menschen nahe, Gesicht zu geben sei. Wir vertrauen darauf, dass dort, wo Menschen sich von der Freude des Evangeliums ergreifen lassen, die Kirche wächst und der Glaube Zukunft hat", so Genn weiter.

Themenseite: Gesprächsprozess

Nach fünf Jahren ist der Gesprächsprozess der Deutschen Bischofskonferenz mit einem abschließenden Gesprächsforum am 11. und 12. September 2015 in Würzburg zu Ende gegangen. Die Themenseite gibt einen Überblick über die katholisch.de-Berichterstattung über den Prozess.

Mit Blick auf die Charismen betonte der Bischof: "Charismen sind die konkrete Weise, wie die Partizipation der Einzelnen sich ausgestaltet." Damit verbinde sich eine neue Sicht auf das Ehrenamt. Ehrenamtliche wollten heute immer weniger für vorgegebene Aufgaben angeworben und eingesetzt werden, sondern sich mit ihren persönlichen Fähigkeiten und gemäß ihren Möglichkeiten einbringen. "Menschen wollen heute partizipieren. So wie sie im gesellschaftlichen und politischen Raum an Entscheidungen und Prozessen beteiligt sind, so erwarten sie dies heute auch für den Lebensraum der Kirche. Und als Bischöfe bejahen wir diesen Wunsch", sagte Genn.

Die Bischöfe sprechen sich unter anderem für ein geschlechtergerechtes Verhältnis von Frauen und Männern in den Leitungspositionen der Kirche aus, die nicht an die Priesterweihe gebunden sind. Außerdem soll es neue Leitungsmodelle mit der Beauftragung von Ehrenamtlichen geben. Zugleich bekennen sich die Bischöfe zur Pfarrei als "dem territorialen Ordnungsprinzip der Kirche". Die Pfarrei wird dabei als eine "Gemeinschaft von Gemeinschaften" verstanden. (stz/KNA)

Auszug aus dem Vorwort von "Gemeinsam Kirche sein"

"Gemeinsam Kirche sein" will den Weg begleiten, auf dem sich die Menschen in den verschiedenen (Erz-)Bistümern in unserem Land befinden: den Weg von der Volkskirche zu einer Kirche des Volkes Gottes. Darum ist im Text so häufig die Rede von einem Perspektivwechsel und einem Mentalitätswandel der Kirche als Ganzer. Die gemeinsame Taufberufung aller Getauften wird neu herausgestellt; und in ihrem Dienst stehen alle, die vom Bischof dazu ordiniert oder beauftragt wurden. "Gemeinsam Kirche sein" verleugnet nicht die Sorgen derer, die sich wieder mehr Priester für die Gemeinden wünschen. Es ist aber auch nicht das Anliegen von "Gemeinsam Kirche sein", nun Ehrenamtliche für die Aufgaben zu gewinnen, die bislang von Hauptamtlichen in der Kirche getan wurden. Leitend ist vielmehr die theologische Perspektive, dass Jesus Christus Mensch geworden ist, um allen Menschen das Heil und die Erlösung Gottes anzubieten. In der Kirche als Sakrament, d.h. als Zeichen und Werkzeug für die Gemeinschaft mit Gott und der Menschen untereinander, setzt sich diese Sendung Jesu Christi fort. Wir können und dürfen es uns also gar nicht mehr erlauben, dieses Kirchesein an einige wenige zu delegieren oder es auf bestimmte Aufgaben und Ämter in den Pfarreien zu beschränken. "Gemeinsam Kirche sein" lädt zu einer dynamischen Sicht der Taufe und des Christseins ein und wirbt für eine "Kirche im Werden".