"Lasst uns vorangehen"
Bei einer Messe in der US-Hauptstadt Washington würdigte der Papst Serra als einen vorbildlichen Missionar, der offen auf die Menschen zugegangen sei. Der Heilige habe die Würde der indianischen Ureinwohner schützen wollen, betonte Franziskus. Er sei gegen Misshandlungen der Ureinwohner aufgestanden, die bis heute nachwirkten. Zuvor hatte es aber auch Proteste gegeben. Rund 10.000 Menschen unterschrieben eine Erklärung, wonach viele Indianer unter dem Wirken der franziskanischen Missionare hätten leiden müssen.
Der Papst forderte in seiner Predigt, dass sich Christen nicht vor der Welt verschließen und wandte sich gegen religiöse Vorurteile sowie moralische Überheblichkeit. "Jesus hat gesagt: Geht hinaus und verkündet jedem die Frohe Botschaft. Geht hinaus in meinem Namen und umarmt das Leben, wie es ist - nicht wie es sein sollte." Viele Menschen litten heute unter Apathie, fehlender Lebensfreude und innerer Leere. Angesichts von Not, Hunger, Zweifel und Sünde in der Welt müssten Christen den Menschen als Missionare der Freude vorangehen. "Lasst uns vorangehen", so Franziskus vor Tausenden Gläubigen im Heiligtum der "Jungfrau der Unbefleckten Empfängnis", der katholischen Schutzpatronin der Vereinigten Staaten. Christliche Mission könne aber nie das Produkt eines geplanten Programms sein. Sie sei das Ergebnis einer lebenslangen Gotteserfahrung von Barmherzigkeit und Vergebung.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Im Anschluss an die Messe hat der Papst – jenseits des offiziellen Programms – die Niederlassung eines katholischen Frauenordens besucht, der gegen die Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama geklagt hat. Wie Vatikansprecher Federico Lombardi am Mittwochabend (Ortszeit) in der US-Hauptstadt mitteilte, wollte Franziskus dem Orden mit seinem Besuch den Rücken stärken. Die "Kleinen Schwestern für die Armen" hatten sich geweigert, als kirchlicher Arbeitgeber ihren Angestellten eine Krankenversicherung anzubieten, die Kosten für künstliche Verhütungsmittel, für die "Pille danach" und für Präparate zur Abtreibung übernimmt. Dies sieht die Gesundheitsreform von Präsident Obama vor. Ihre Klage wurde im Juli von einem Berufungsgericht abgewiesen.
Papstvertrauter Maradiaga erwartet prophetische Rede
Am heutigen Donnerstag spricht Franziskus als erster Papst vor dem US-Kongress in Washington. Während die US-Demokraten hoffen, dass der 78-Jährige die Themen Armut, Einwanderung, Klima und Rassismus ins Zentrum seiner Rede stellt, wünschen sich die Konservativen klare Worte zu Abtreibung, "Homo-Ehe" und Religionsfreiheit. Beobachter erwarten jedoch eher einen Appell an die Verantwortung der Weltmacht für die globalen Entwicklungen.
Der Papstvertraute Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga ist sich sicher, dass Franziskus seine Rede "mit prophetischer Kraft halten" werde. "Ein bisschen wie Jesus in der Synagoge von Kapernaum wird er versuchen, die Ohren zu füllen mit Worten der Bibel", sagte der Erzbischof von Tegucigalpa im Interview der Wochenzeitung "Die Zeit" (Donnerstag). Rodriguez kenne den Redetext zwar noch nicht, doch er sei sich sicher, der Papst werde "seine Autorität als Mann des Evangeliums, also als Versöhner nutzen". Franziskus werde sich weder von seinen Kritikern einschüchtern noch von den Lobeshymnen der Fans schmeicheln lassen.
Im Anschluss an seine Rede vor dem US-Kongress isst Franziskus nicht mit den Abgeordneten zu Mittag, sondern mit Obdachlosen in einem Sozialzentrum. Am Nachmittag (Ortszeit) reist er weiter nach New York. (bod/KNA)