Standpunkt

Krieg in Nahost: Wird die deutsche Dormitio-Abtei langsam vergessen?

Veröffentlicht am 02.09.2025 um 00:01 Uhr – Von Thomas Seiterich – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Krieg in Nahost hat auch massive Auswirkungen auf die Dormitio-Abtei in Jerusalem. Nahezu alle Einnahmen der Abtei sind laut Thomas Seiterich weggebrochen. Er ist besorgt: Steht einer der christlichen Leuchttürme im Heiligen Land vor dem Aus?

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Wird im Krieg Israels und der Hamas in Nahost die deutsche Benediktinerabtei Dormitio in Jerusalem so langsam vergessen? Nur ganz wenige unter den finanziell gut bis bestens gestellten deutschen Bistümern unterstützen die 13 Mönche und 24 palästinensische Mitarbeiterfamilien zählende Gemeinschaft um den dynamischen Abt Nikodemus Schnabel. Der 46-Jährige bewährt sich in der Kriegswelt Israels als interreligiöser Theologe, praktischer Ökumeniker und Friedensaktivist.

Pilgerzahlen, die früher bei bis zu 5.000 im Kloster der Brotvermehrung Tabgha am See Genesareth und bei 3.000 in Jerusalem lagen, sind seit dem Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023 auf ein Minimum gesunken. Das Gästehaus der Abtei, die seit ihrer Stiftung 1898 durch Kaiser Wilhelm II. auf dem Zionsberg mit wuchtigem Turm hoch über der Jerusalemer Altstadt thront, steht im Krieg leer. Nahezu alle Einnahmen für die Abtei sind weggebrochen. Kein einheimischer Mitarbeiter wurde entlassen. Monatlich fehlen Zehntausende Euro. Damit ist einer der zentralen christlichen Leuchttürme im Heiligen Land in seiner Existenz gefährdet.

Das Heilige Land ohne die Präsenz von Christen? Nach Muslimen, deren heilige Stätte auf dem Jerusalemer Tempelberg liegt, macht die ultrarechte Regierung auch Christen das Leben zunehmend schwer. Geistliche, wie Abt Nikodemus Schnabel, werden offen angefeindet und angespuckt. Dem gewalttätigen Wirken Radikaler rund um die Abtei auf dem Zionsberg gebietet von israelischer Seite niemand wirksam Einhalt.

Müssten deshalb jene, die unter schweren Bedingungen aushalten, nicht besonders unterstützt werden? Die hiesige Gleichgültigkeit gegenüber den Heiligen Stätten und jenen Christen, die diese mit Leben, Gebeten und Gottesdiensten erfüllen, ist schon bemerkenswert. Fast wirkt es so, als habe sich die deutsche Kirche längst mit einer malerischen, aber toten Kulisse der Christenheit in Israel und Palästina abgefunden. Da ist es zumindest ein Lichtblick, dass das ökumenische theologische Studienjahr der Dormitio für deutschsprachige Studierende – bis zuletzt ebenfalls in Gefahr – nun doch stattfinden kann.

Von Thomas Seiterich

Hinweis der Redaktion: In der ersten Textversion war nicht berücksichtigt, dass das theologische Studienjahr doch stattfinden kann.

Der Autor

Thomas Seiterich ist Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.