Berliner Pfarrer: Je internationaler die Hochzeit, desto komplizierter

Mathias Laminski ist seit zehn Jahren leitender Pfarrer in der Pfarrei St. Josef Treptow-Köpenick und seit Januar 2025 zusätzlich stellvertretender Generalvikar im Erzbistum Berlin. In seiner Pfarrei ist er für die Gesamtpastoral und für die queersensible Seelsorge zuständig. Bei ihm melden sich regelmäßig heiratswillige Paare. Im Interview berichtet er, was die Kirche St. Josef so beliebt macht, was für internationale Hochzeiten er bereits begleitet hat und worin er dabei eine Chance für die Kirche sieht.
Frage: Pfarrer Laminski, die Kirche St. Josef in Berlin Treptow-Köpenick ist bei Heiratswilligen sehr beliebt. Wieso?
Laminski: Unsere Kirche ist wunderschön gelegen, an der Spree, direkt am Wasser. Nebenan gibt es einen Garten mit einer Wiese, auf der man nach der Trauung einen Empfang machen kann. Und von der Kirche ist die Altstadt Köpenick mit wenigen Schritten zu Fuß zu erreichen. Festmöglichkeiten gibt es also zu genüge in der Umgebung. Für mich ist St. Josef eine der schönsten Hochzeitskirchen in Berlin.
Frage: Wie viele Hochzeiten finden im Jahr in dieser Kirche statt?
Laminski: Zwischen acht und 15. Angesichts der zurückgehenden Zahlen der kirchlichen Trauungen ist das noch recht beachtlich.
Frage: Was sind das für Paare, die Sie trauen?
Laminski: Dass zwei ortsansässige Katholiken hier heiraten, ist schon eine ziemliche Ausnahme. Viele Trauungen sind international – so wie Berlin eben ist. In der Regel ist nur einer der Ehepartner katholisch und die andere Hälfte evangelisch oder konfessionslos. Die Konstellation katholisch und konfessionslos kommt bei den Paaren mittlerweile am häufigsten vor.
Die Kirche St. Josef befindet sich direkt an der Spree.
Frage: Was kann ich mir unter internationalen Trauungen vorstellen?
Laminski: Als ich vor zehn Jahren in den Osten Berlins kam, hieß international: Das Brautpaar kommt aus verschiedenen Bundesländern. Mittlerweile ist das anders. Allein in unseren Sonntagsgottesdiensten sind zwischen zwanzig bis dreißig verschiedene Nationalitäten in der Kirche – aus Europa, Nord- und Südamerika, Afrika und Asien. Ich hatte schon Hochzeiten, bei denen ein Teil des Brautpaars aus Australien oder Südamerika stammte. Eine Hochzeit habe ich mal auf Italienisch gefeiert, eine andere auf Portugiesisch.
Frage: Unterscheiden sich diese Trauungen von deutschen Hochzeiten?
Laminski: Eigentlich nicht. Der Ablauf ist derselbe, die Liturgie ist dieselbe. Auch die Trauworte sind weltweit dieselben. Nur eben in einer anderen Sprache. Ansonsten ist mir bisher nur aufgefallen, dass sich zumindest die Italiener deutlich schicker anziehen als die Deutschen.
Frage: Wie versuchen Sie verschiedene Kulturen bei der Feier zu integrieren?
Laminski: Mit dem Brautpaar kläre ich im Vorfeld die Gestaltung der Trauung. Zum Beispiel, was den Blumenschmuck angeht oder die Musik. Ich erlebte schon einmal, dass während des Gottesdienstes getanzt wurde. Gerade auch brasilianische Musik ist viel emotionaler als die, die wir kennen. Über solche Dinge versuche ich die Menschen aus den anderen Ländern abzuholen.
Frage: Was sind Herausforderungen bei internationalen Hochzeiten?
Laminski: Je internationaler die Hochzeit, desto komplizierter. Allein was den Papierkram angeht. Wie bei allen katholischen Trauungen brauche ich zum Beispiel von beiden Ehepartnern einen Auszug aus dem Taufregister, der nicht älter als sechs Monate sein darf. Diesen Taufnachweis beschaffen die Ehepartner selbst. Je nach Geburtsland und Taufort kann das ein wenig dauern. Besonders kniffelig wird es dann, wenn Ehepartner bereits verheiratet waren. Dann muss ich Rücksprache mit dem Offizialat halten – das ist quasi das Gericht des Erzbistums. Schriftverkehr mit dem Ausland geht nicht selten über das Generalvikariat. Das braucht dann alles etwas Zeit.
„Ich freue mich, wenn ich in diesen komplexen Zusammenhängen einen Weg für das Brautpaar finde. Denn solche Feiern sind auch eine große Chance.“
Frage: Was bedeutet "wenn Ehepartner bereits verheiratet waren"? Eine zweite kirchliche Hochzeit ist bei Katholiken doch nicht möglich.
Laminski: Bei zwei Katholiken, die bereits kirchlich verheiratet waren, ist ein zweite kirchliche Trauung in der Tat nicht möglich. Aber sobald zwei unterschiedliche Konfessionen im Spiel sind oder wenn die erste Ehe nur standesamtlich geschlossen war, dann gibt es schon mal bei genauerem Draufschauen Möglichkeiten. Dann wird gefragt, ob die erste Ehe nach kirchlichem Recht überhaupt gültig war. Da muss man ins Detail gehen, und da ist wirklich jeder Fall anders. Deshalb arbeite ich in solchen Fällen eng mit dem Offizialat zusammen.
Frage: Das klingt nach viel Kirchenbürokratie…
Laminski: Das ist es auch. Aber ich habe beim Offizialat in Berlin bisher immer die Erfahrung gemacht, dass sie alles Mögliche tun, um den Wunsch des Brautpaares zu erfüllen.
Frage: Wird Ihnen dieser Papierkram nicht manchmal zu viel?
Laminski: Sicher, ist das aufwendig. Aber ich finde diese Bürokratie hat auch ihren Wert. Unsere Kirchenbücher hier in Berlin gehen bis ins Jahr 1898 zurück. Ein- bis zweimal im Jahr bekomme ich Anfragen von Menschen, die Ahnenforschung betreiben. Und dann kann ich einfach in den Kirchenbüchern nachschauen und sehen, wo die Person getauft und gefirmt wurde oder wo und wen sie geheiratet hat.
Frage: Es scheint, als hätten Sie wirklich Freude daran.
Laminski: In der Tat, ich freue mich, wenn ich in diesen komplexen Zusammenhängen einen Weg für das Brautpaar finde. Denn solche Feiern sind auch eine große Chance.
Frage: Und welche?
Laminski: Bei den Feiern kommt immer eine bunte Gemeinschaft zusammen: Familien aus verschiedenen Ländern und Kulturen, Freundeskreise mit unterschiedlichen Weltanschauungen, Menschen mit oder ohne Kirchenbindung. Dort erleben viele zum ersten Mal seit Jahren einen Gottesdienst – und nehmen hoffentlich etwas mit. Wenn nach der Trauung Nichtgläubige zu mir kommen und sagen, wie sehr ihnen die Trauung gefallen hat, dann ist das für mich eine große Freude. Hier können wir zeigen, dass Kirche offen und einladend sein kann.