Die heilige Familie des Papstes
Keine Frage: Franziskus ist ein Familienmensch. Immer wieder etwa zitiert er Lebensweisheiten seiner Großmutter. Rosa Margherita Bergoglio muss eine couragierte Frau gewesen sein: In der Kirche ihres norditalienischen Heimatdorfs stieg sie einmal auf die Kanzel, um Benito Mussolini den Marsch zu blasen. Angeblich war das ein Grund für die Auswanderung nach Argentinien.
Die Großmutter war es auch, die ihren Enkeln den alten piemontesischen Dialekt weitergab. Und Oma Rosa lehrte den Papst das Beten: "Sie hat mir viel beigebracht in Glaubensdingen." Noch mit seinen 78 Jahren, heißt es, hat er einen Zettel von ihr im Gebetbuch, ein geistliches Vermächtnis an die Enkel.
Eine katholische Bilderbuchfamilie
Es scheint eine katholische Bilderbuchfamilie zu sein: Die Eltern, Mario Bergoglio und Regina Maria Sivori, lernen sich jung kennen, in der Kirche. Nach einem Jahr heiraten sie, bekommen fünf Kinder - Jorge als Ältesten. Die Mutter ist eine begnadete Köchin; von der Schwiegermutter erbt sie das Geheimnis hausgemachter Pasta.
Den Vater, Buchhalter bei der Eisenbahn, beschreiben Papstbiografen als liebevolles und unangefochtenes Familienoberhaupt. Den Sonntag begehen Eltern und Kinder mit Messbesuch und großem Mittagessen. Nur bringt der Vater manchmal Bürokram mit nach Hause - für Franziskus nach eigenen Worten ein Grund für seine Abneigung gegen Wirtschaftsthemen.
Ein Hort, in dem die Geschwister unter der fürsorglichen Autorität von Mutter und Vater und unter der Liebe der Großeltern Zusammenhalt lernen, im Glauben und an menschlichen Werten wachsen - so klingt das, was vom Vorleben des Papstes bekannt ist. Als eine der größten Krisen gilt ausgerechnet die Berufung: Nur zögernd kann die Mutter akzeptieren, dass ihr Ältester Priester werden will.
Auch nach 50 Jahren als Kleriker noch Grundvertrauen in Familie
Das Grundvertrauen in die Familie blitzt noch heute bei ihm durch, auch wenn er seit über 50 Jahren unter Klerikern lebt. Es sei nicht schlimm, wenn mal die Teller fliegen, sagt er jungen Paaren zum Valentinstag. "Aber bitte denkt daran: Lasst nie einen Tag enden, ohne euch zu versöhnen! Nie, nie, nie!"
Auch wenn er Heiliger Vater für 1,2 Milliarden Katholiken ist: Zu seiner einzigen noch lebenden Schwester Maria Elena und den 16 Nichten und Neffen hat er ein besonderes Verhältnis. Als Maria Elena ins Krankenhaus musste, erkundigte er sich regelmäßig nach ihrem Befinden. Im August 2014 verunglückte ein Neffe; seine Frau und zwei Kinder starben bei dem Unfall. Franziskus verbarg nicht seinen Schmerz, denn "auch ein Papst hat eine Familie".
Vor der Folie der persönlichen Erfahrung sind auch zwei Äußerungen zu lesen, die einige Kritik nach sich zogen: In einer Audienz bezog sich Franziskus lobend auf einen Vater, der meinte, er müsse gelegentlich "die Kinder ein bisschen schlagen - aber nie ins Gesicht, um sie nicht zu demütigen". Die Aufregung war groß; der Vatikan sprach von einem "Missverständnis".
Verteidigung der Familienehre
Ähnlich handfest sprach Franziskus über die Verteidigung der Familienehre: Wer seine Mutter beleidige, könne von ihm "eins vor den Latz" kriegen. Damit wollte er nach dem "Charlie Hebdo"-Attentat Grenzen der Meinungsfreiheit andeuten. Medien fragten daraufhin nach dem päpstlichen Verständnis von Grundrechten und Gewaltanwendung.
Familie steht bei Franziskus hoch im Kurs: Seine Wertschätzung für den emeritierten Benedikt XVI. drückt er aus, indem er ihn mit einem "Großvater" vergleicht. Oft animiert er bei Veranstaltungen zu einem spontanen Applaus für Omas, Opas, Mütter und Väter. Und - vielleicht noch spannender mit Blick auf die Synode - immer wieder ruft er auch zum verständnisvollen Umgang mit Familien auf, die weniger heil sind als seine eigene.