Anlass waren Vorwürfe ritueller Gewalt

Untersuchung: Keine Täternetzwerke mit Bischöfen in NRW-Bistümern

Veröffentlicht am 09.10.2025 um 15:01 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Waren Bischöfe und Kardinäle Mitglieder von Täternetzwerken, die Menschen extremste Gewalt antaten? Eine Studie dazu sagt klar: Nein. Dennoch trage das Bistum Münster Mitverantwortung. Dort habe man Erzählungen zu lange Raum gegeben.

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In den (Erz-)Bistümern Münster, Essen und Köln gibt es laut einer unabhängigen Untersuchung keine Hinweise auf kirchliche Täternetzwerke ritueller Gewalt. Anlass für die am Donnerstag vorgestellte Studie waren Vorwürfe, Menschen seien Opfer schwerster Gewalttaten geworden. Erlitten hätten sie diese durch Netzwerke, denen auch inzwischen verstorbene Bischöfe und Kardinäle angehört hätten.

Das Bistum Münster beauftragte im April 2024 eine Kölner Anwaltskanzlei, die Vorwürfe zu untersuchen. Die (Erz-)Diözesen Essen und Köln schlossen sich dem Mandat an, weil neben Münsteraner Priestern und Bischöfen auch die Namen früherer Kölner und Essener (Erz-)Bischöfe auftauchten. Genannt wurden diese auch in Anträgen auf Zahlungen der Kirche in Anerkennung des erlittenen Leids, mit denen die Bistümer Missbrauchsbetroffenen Gerichtsprozesse ersparen wollen.

Vorwürfe entstanden im Therapiekontext

"Wir haben Akten gesichtet und mit mehreren Betroffenen gesprochen. Das eindeutige Ergebnis: An diesen Vorwürfen ist schlicht nichts dran", sagte Strafrechtsanwalt Matthias Sartorius von der Kanzlei Feigen Graf. Die Untersuchung sei durch zwei aussagepsychologische Gutachten bestätigt worden. Erklären ließen sich die Vorwürfe, in denen es neben sexuellem Missbrauch auch um Kindstötungen, Kannibalismus, Drogenexzesse, Kulte und mutmaßliche Gehirnprogrammierung ging, durch suggestive Einflüsse von außen auf die Betroffenen, "insbesondere im Therapiekontext".

An diesem Punkt trage das Bistum Münster eine Verantwortung, so das Gutachten. Eine dort 2023 geschlossene "Beratungsstelle für sexuelle und rituelle Gewalt" sei über Jahre Anlaufstelle für Vertreter der sogenannten Rituelle-Gewalt-Theorie gewesen. Diese Verschwörungstheorie gehe über manipulierendes Verhalten von Sexualstraftätern sowie einzelne ritualisierte Gewalt hinaus. Sie behaupte, das Bewusstsein von Menschen lasse sich gezielt in mehrere Persönlichkeiten aufspalten, so dass die Personen roboterähnlich programmiert werden könnten.

Trotzdem gab es Anerkennungszahlungen

Bemerkenswert ist laut Sartorius, dass fast alle Anträge auf Anerkennungszahlungen mit Vorwürfen ritueller Gewalt zunächst auf unterschiedlichen Ebenen für plausibel erklärt wurden. Da hätte man genauer hinschauen müssen.

Christel Plenter, Geschäftsführerin der Stabsstelle Intervention und Prävention des Bistum Münster, bekräftigte jedoch: "Wir wollen Betroffenen glauben, gerade weil ihnen so lange nicht geglaubt wurde." Allerdings seien Schilderungen ritueller Gewalt, "so wie die Untersuchung sie versteht, nicht ohne weiteres zu glauben". So etwas müsse um aller Beteiligten willen zuerst an die Staatsanwaltschaft gehen. (KNA)