Fall eines wegen Sexualdelikten verurteilten Priesters sorgte für Aufsehen

Gesetz soll Bischöfe zur Anzeige von Straftaten zwingen

Veröffentlicht am 24.10.2025 um 13:24 Uhr – Lesedauer: 

Bellinzona ‐ Im Schweizer Kanton Tessin sorgte der Fall eines wegen Sexualdelikten verurteilten Priesters für Aufsehen. Wurden seine Taten erst spät geahndet, weil das Bistum geschwiegen hat? Ein Gesetz will so etwas verhindern – und den Bischof zur Anzeige zwingen.

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Das Parlament des Kantons Tessin berät über eine Anzeigepflicht für Straftaten im kirchlichen Umfeld. Schweizer Medien zufolge steht der im vergangenen Jahr von Abgeordneten der "Bewegung für den Sozialismus" eingebrachte Antrag einer entsprechenden Änderung des Gesetzes über die katholische Kirche im November auf der Tagesordnung des Großen Rats. Geplant sei eine Pflicht für den Diözesanbischof, Straftaten bei den Behörden anzuzeigen, die ihm bekannt werden.

Hintergrund ist der Fall eine Priesters des Bistums Lugano, der wegen mehrerer Fälle von sexualisierter Gewalt gegenüber Minderjährigen zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde. Die Gesetzesinitiative war bereits im Sommer 2024 eingebracht worden, nachdem der Mann verhaftet wurde. Das in der Öffentlichkeit als zu mild empfundene Urteil löste eine Debatte im Kanton aus. Das Bistum Lugano soll bereits Jahre zuvor Hinweise auf mögliche Taten erhalten haben, ohne die Behörden zu informieren.

Änderungsantrag präzisiert geplante Pflichten

Der ursprüngliche Entwurf sah vor, dass der Diözesanbischof "jede von Amts wegen zu verfolgende Straftat oder jeden Verdacht auf eine Straftat, die einen Geistlichen betrifft" der Justiz melden muss. Nach Beratung im zuständigen Parlamentsausschuss für Verfassung und Gesetze schlägt der Ausschussbericht eine geänderte Formulierung für den Gesetzestext vor. Demnach soll der Bischof die Pflicht haben, Strafverfolgungsbehörden unverzüglich, längstens innerhalb von 30 Tagen, zu informieren, wenn er Straftaten oder den Verdacht auf Straftaten feststellt oder von ihnen erfährt. Die Meldepflicht soll begrenzt sein auf Offizialdelikte gegen die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität eines Minderjährigen oder einer urteilsunfähigen Person durch einen Geistlichen.

Gegenüber dem Ausschuss hatte das Bistum Lugano den ursprünglichen Gesetzesentwurf als zu allgemein kritisiert. Die vorgeschlagene Regelung stelle eine zu weitreichende Einschränkung des Berufsgeheimnisses dar. "Diese Lösung würde den Ordinarius zwingen, seine Geistlichen für jede Art von Straftat und unabhängig von deren Schwere anzuzeigen, was auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Geistliche würden somit anders behandelt als andere Bürger", zitiert der Bericht die Stellungnahme der Diözese. (fxn)