Mehrfache Distanzierung von abwegigen Thesen

Fachkongress zu Religionsdialog debattiert über Juden und Christen

Veröffentlicht am 30.10.2025 um 09:00 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Drei Tage debattierten Fachleute in Rom über einen Text, der vor 60 Jahren das Verhältnis der katholischen Kirche zu anderen Religionen revolutionierte. Neben Spannungen gab es viel Übereinstimmung und neue Erkenntnisse.

  • Teilen:

60 Jahre nach Veröffentlichung des Textes "Nostra aetate" über das Verhältnis der katholischen Kirche zu anderen Religionen haben Fachleute unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften das Dokument als Meilenstein im Dialog der Religionen gewürdigt. In einem dreitägigen Fachkongress, der am Mittwochabend endete, diskutierten Vertreter des Islam, des Judentums und mehrerer ostasiatischer Religionen mit christlichen Theologen über den aktuellen Stand und die Zukunft des interreligiösen Dialogs.

Der Auftakt der Tagung an der Päpstlichen Universität Gregoriana war überschattet von Ausführungen des in Neapel lehrenden Theologen Mario Imperatori. Er hatte eine Parallele zwischen der Schoah und dem Vorgehen der israelischen Truppen im Gaza-Streifen behauptet und damit erzürnte Reaktionen jüdischer Teilnehmer provoziert.

Distanzierung von abwegigen Thesen

Nachdem sich bereits die Tagungsleitung davon distanziert hatte, griff der in Salzburg lehrende Theologe Gregor Maria Hoff den Eklat am letzten Tag des Kongresses abermals auf und distanzierte sich von Imperatoris Thesen. In der folgenden Debatte spielten diese keine Rolle mehr.

Mehrere jüdische Gelehrte würdigten "Nostra aetate" als bis heute höchst wirksam für den Dialog der Religionen. Noam Marans vom American Jewish Comitee erklärte, dass seither auch der Dialog zwischen anderen Glaubensgemeinschaften und dem Judentum Fortschritte gemacht habe. Die Tatsache, dass der Text kurz und streckenweise "eher nebulös" sei, habe paradoxerweise dessen Wirksamkeit beflügelt. Er hoffe, dass auch die jüdisch-islamischen Beziehungen sich künftig wieder zum Guten wenden würden.

Ansporn auch für Protestanten

Als protestantischer Theologe betonte Axel Töllner (Neuendettelsau), dass "Nostra aetate" auch die Kirchen der Reformation in ihrem Verhältnis zum Judentum positiv beeinflusst habe. Wegen der Zersplitterung der protestantischen Kirchen habe es dort aber trotz vieler positiver Ansätze keinen vergleichbaren "Nostra-aetate-Moment" gegeben. Der Text des Dokuments sei für Protestanten bis heute eine Herausforderung.

An den Tagen zuvor hatten sich Islam-Gelehrte und Vertreter ostasiatischer Religionen mit dem Text auseinandergesetzt. Dabei wurde angemerkt, dass die Religionen Asiens in "Nostra aetate" vergleichsweise kurz abgehandelt oder ganz außer Acht gelassen werden. Die Lücken änderten jedoch nichts an der epochalen Bedeutung des Konzilstextes. Sie erstrecke sich auch auf die Religionen, die in dem Text nicht ausdrücklich erwähnt werden, so Ambrogio Bongiovanni, Experte für interreligiösen Dialog an der Universität Gregoriana, in seinem Schlussvortrag. (KNA)