Standpunkt

Gegen die vielen Einsamkeiten hätte die Kirche etwas zu bieten

Veröffentlicht am 06.11.2025 um 00:01 Uhr – Von Thomas Seiterich – Lesedauer: 

Bonn ‐ Einsamkeit hat Konjunktur. Und die Kirche? Hilft sie den Menschen aus ihren Einsamkeiten? Thomas Seiterich sieht viel Potential – das aber angesichts von einer sich zurückziehenden Kirche ungenutzt bleibt.

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Einsamkeit ist ein gesellschaftliches Thema, das derzeit groß Karriere macht. Ein Hype. Die Kirchen – weil mit sich selbst und der eigenen Zukunft beschäftigt – spielen hierbei keine allzu wahrnehmbare Rolle.

Bis auf den höchsten Entscheidungsebenen der Politik haben zahlreiche Staaten Ministerien und Räte eingerichtet. Sie sollen die kollektiven Einsamkeiten, die die boomende Einsamkeitsforschung definiert, und die leidvolle Einsamkeit vieler einzelner Menschen bekämpfen.

Die Pandemie, als Familien und Freundesnetze zerbrachen und ungezählte alte Menschen in Europa weggesperrt wurden aus Gründen der medizinischen Seuchenbekämpfung, sorgte für den Durchbruch des Einsamkeitsthemas. Die frohe Kunde: Ein Großteil der damals Vereinsamten leidet laut dem "Einsamkeitsbarometer" heute nicht mehr unter Einsamkeit. Die sozialwissenschaftliche Forschung definiert Einsamkeit, die jeden Menschen im Lebenslauf einmal trifft, als die Differenz zwischen den erwünschten Kontakten und deren tatsächlicher, niedriger Zahl.

Die kriselnden, unsicher werdenden Kirchen ziehen sich vielerorts aus der Gesellschaft zurück. Das dichte Netz von Gemeindehäusern schnurrt zusammen. Verzwergung anstelle von Öffnungsmut zur lokalen Gesellschaft. Dazu zählen selbstverständlich auch die vielen Nichtchristen. Viele Orte – selbst Kirchen – werden aufgegeben, aus finanziellen Gründen. Die Überlegungen, wie man gemeinsam Kosten-kompatibel neue Nutzungen finden und gestalten kann gegen die Einsamkeiten, die viele Menschen niederdrücken, spielt im allherrschenden kirchlichen Reduzierungsbetrieb bis heute eine zu kleine Rolle. Dabei hat die Kirche und Gemeinde, falls sie nachdenkt, im öffentlichen Raum gegen die Einsamkeitsleiden in der Gesellschaft viel zu bieten.

Von Thomas Seiterich

Der Autor

Thomas Seiterich ist Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.