Der belgische Marienort Beauraing und die Tücken der Globalisierung

Liebesgrüße aus Peking

Veröffentlicht am 12.10.2015 um 11:30 Uhr – Von Alexander Brüggemann (KNA) – Lesedauer: 
Liebesgrüße aus Peking
Bild: © KNA
Wallfahrtsorte

Beauraing ‐ Ob Erscheinung der Gottesmutter oder Wunderheilungen: Das belgische Heiligtum Beauraing ähnelt vielen anderen Marienwallfahrtsorten in Europa. Doch dann gibt es da noch die Gipsabgüsse der örtlichen Madonnenstatue, die eine Überraschung bergen.

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Ist es Maria, die hier den kommunistischen Klassenfeind als Massenproduzenten ihrer selbst instrumentalisiert, um ihre Botschaften zu verbreiten? Oder ist es umgekehrt Peking, dem die Wahl des Produktes letztlich völlig egal ist - Hauptsache, die chinesische Wirtschaft floriert und die Partei hat weiter Recht?

Solche sophistischen Betrachtungen haben in Beauraing, dem wallonischen Marienort unweit von Dinant am Maas-Ufer, nur wenig Platz. Hier wird geglaubt, wie es die Gottesmutter bei ihren 33 Erscheinungen zwischen dem 29. November 1932 und dem 3. Januar 1933 anwies. Die Botschaften, die sie den fünf Seherkindern unter einem Rotdornstrauch mitgab, waren einfach und klar: "Betet viel!" oder: "Man soll hierher zur Wallfahrt kommen." In goldenen Lettern stehen sie heute an den Seitenwänden des Heiligen Bezirks.

Die Angst der Seherkinder

Die Seherkinder, das waren die Geschwister Fernande (15), Gilberte (13) und Albert Voisin (11) sowie die benachbarten Geschwister Andree (14) und Gilberte Degeimbre (9). Als letzte von ihnen starb vor wenigen Monaten Gilberte Degeimbre mit 91 Jahren in ihrer Heimat - nachdem sie zuvor 47 Jahre in Italien verbracht hatte. In ihrem letzten Interview sagte sie: "Wir waren doch ganz normale Kinder. Wir hatten eine Riesenangst, als sie da in der Luft stand." Und der Nachwelt berichtete sie auch, wie schwer das Leben als Seherkind war: "Wie sie uns alle mit ihren Fragen bedrängt haben! Das kann ich ihnen niemals verzeihen."

Eine Merkwürdigkeit ist der Tod von Gilberte Voisin. 83-jährig, starb sie am 3. Januar 2003 als Opfer des Straßenverkehrs in Beauraing - am 70. Jahrestag der letzten Erscheinung und zu der Stunde, in der Maria ihr das Versprechen gab: "Ich werde die Sünder bekehren."

Bild: ©KNA

Pilger beten im belgischen Wallfahrtsort Beauraing zur Mutter Gottes. Zwischen dem 29. November 1932 und dem 3. Januar 1933 hatten hier fünf Kinder zwischen neun und fünfzehn Jahren 33 Mal eine Marienerscheinung

Wissenschaftler sehen Marienerscheinungen in einem zeitlichen Zusammenhang mit wirtschaftlichen und politischen Krisen: Hungersnöten, Epidemien, Missernten. In den 1860er und 70er Jahren, im Ersten Weltkrieg oder eben um das Krisenjahr 1933 gab es eine besondere Häufung. Die Zahl der Epiphanien ging in die Hunderte. Dennoch erlangten nur die allerwenigsten Erscheinungen - oder vielmehr die darin verkündeten Botschaften - kirchliche Approbation.

In Frankreich waren es La Salette (1846), Lourdes (1858) und Pontmain (1871). Allmählich gelang es den Bischöfen, die regelrechte Marien-Welle zu kanalisieren - etwa durch die Gründung von Marienkongregationen. Noch 1949 wurden die Vorgänge im portugiesischen Fatima von 1917 oder die belgischen Erscheinungen von Beauraing 1932 und Banneux 1933 anerkannt. Sie alle folgen dem Schema von Lourdes: Seherkinder, Quelle und (zum Teil) Kapelle.

"Eine Mutter, die uns alle liebt"

In Beauraing wurden bereits 1933 zwei Wunderheilungen bekannt, die auch von der Kirche anerkannt wurden. Ein gehüteter Schatz des wallonischen Wallfahrtsortes: eine Blutreliquie von Johannes Paul II. (1978-2005) mit einem kleinen Stückchen jenes Gewandes, das dieser am 13. Mai 1981 beim Attentat auf dem Petersplatz trug. Im Mai 1985 kam er selbst zum Gebet nach Beauraing. Sein Nachfolger Franziskus ist ebenfalls marienfromm - aber weit skeptischer gegenüber Privatoffenbarungen als der Pole Johannes Paul II. "Maria ist doch eine Mutter, die uns alle liebt, und keine Oberpostbeamtin, die uns täglich Botschaften schickt!", sagte er 2013. Laut Weltkatechismus steht es jedem Katholiken frei, an Privatoffenbarungen zu glauben oder nicht - auch wenn die Kirche sie als gesichert ansieht.

Marienfiguren jedenfalls hat Gilberte Degeimbre zeitlebens nie besessen. "Eine Statue hat für mich keine Bedeutung." So eng sehen das die Besucher in Beauraing nicht - und auch nicht die Planwirtschafter in Peking.

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Von Alexander Brüggemann (KNA)