Papst Leo XIV. mahnt Kardinäle und Vatikanspitze zu Einigkeit
Papst Leo XIV. hat das vatikanische Führungspersonal zu Einigkeit aufgerufen und vor ideologischen Grabenkämpfen an der Kirchenspitze gewarnt. In seiner ersten Weihnachtsansprache an die Kardinäle und die führenden Mitarbeiter sagte er am Montag im Vatikan: "Manchmal lauern hinter einer scheinbaren Ruhe die Geister der Spaltung. Und diese verleiten uns dazu, zwischen zwei gegensätzlichen Extremen hin und her zu schwanken: entweder alles zu vereinheitlichen, ohne die Unterschiede zu würdigen, oder im Gegenteil die Unterschiede und Sichtweisen überzubetonen, anstatt die Gemeinschaft zu suchen."
Bei der Behandlung von Themen, die den Glauben, die Liturgie, die Moral und andere Bereiche betreffen, bestehe, so die Mahnung des Papstes, "die Gefahr, der Starrheit oder Ideologie zum Opfer zu fallen". Daraus resultiere dann ein Gegeneinander. Die Kurie sei jedoch "dazu gerufen, Baumeister der Gemeinschaft Christi zu sein, die danach verlangt, in einer synodalen Kirche Gestalt anzunehmen, in der alle an derselben Mission zusammenarbeiten und mitwirken".
"Wir sind keine Kleingärtner"
Leo XIV. erklärte, dass es auch im Vatikan Dynamiken gebe, die "mit der Ausübung von Macht, dem Streben nach Vorrang und der Pflege eigener Interessen zusammenhängen". Dagegen empfahl der Papst ein Denken in größeren Horizonten. "Wir sind keine Kleingärtner, die sich um ihren eigenen Garten kümmern, sondern wir sind Jünger und Zeugen des Reiches Gottes, die berufen sind, in Christus Sauerteig einer universalen Geschwisterlichkeit zwischen verschiedenen Völkern, verschiedenen Religionen, zwischen Frauen und Männern aller Sprachen und Kulturen zu sein. Und dies geschieht, wenn wir zuerst selbst als Brüder und Schwestern leben und das Licht der Gemeinschaft in der Welt aufleuchten lassen."
Nachdrücklich würdigte Papst Leo XIV. seinen verstorbenen Vorgänger Franziskus (2013–2025). "Seine prophetische Stimme, sein pastoraler Stil und sein reichhaltiges Lehramt haben den Weg der Kirche in diesen Jahren gekennzeichnet und uns vor allem ermutigt, die Barmherzigkeit Gottes wieder in den Mittelpunkt zu stellen, der Evangelisierung größeren Schwung zu verleihen, eine frohe und freudige Kirche zu sein, die alle annimmt und den Ärmsten Aufmerksamkeit schenkt." Dessen programmatisches Schreiben "Evangelii gaudium" "ermutigt uns, in der missionarischen Umgestaltung der Kirche voranzuschreiten". Die Arbeit der Kurie müsse "von diesem Geist beseelt sein und die pastorale Sorge im Dienst der Teilkirchen und ihrer Hirten fördern". Weiter mahnte Leo, es brauche einen Vatikan, in dem "die Institutionen, Ämter und Aufgaben auf die großen kirchlichen, pastoralen und sozialen Herausforderungen der heutigen Zeit ausgerichtet sind und nicht nur der Gewährleistung der laufenden Verwaltung dienen".
Papst zitiert Bonhoeffer
Seine Ansprache schloss der Papst mit einem Zitat des deutschen evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der über das Geheimnis von Weihnachten schrieb: "Gott schämt sich der Niedrigkeit des Menschen nicht, er geht mitten hinein". Gott "liebt das Verlorene, das Unbeachtete, Unansehnliche, das Ausgestoßene, das Schwache und Zerbrochene", zitierte Leo.
Zu seiner ersten Weihnachtsansprache an die Kurie und die in Rom lebenden Kardinäle erschien Papst Leo XIV. mit den für ihn üblichen fünf Minuten Verspätung. Unter den Kardinälen, die ihm anschließend ihre Weihnachtsgrüße aussprachen, waren auch die emeritierten deutschen Kurienkardinäle Walter Kasper und Walter Brandmüller sowie Kurienbischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Als Weihnachtsgeschenk überreichte der Papst den Kardinälen und Kurienmitarbeitern, unter ihnen auch einige wenige Frauen, sein geistliches Lieblingsbuch des französischen Ordensmanns Bruder Laurentius (1614–1691) mit dem Titel "Die Vergegenwärtigung Gottes im praktischen Leben". (KNA)
