"Beim Positiven in Partnerschaften ansetzen"
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Frage: Herr Bischof, wie kontrovers geht es zu bei der Weltkirchenversammlung? Erleben wir wieder eine "Lager-Synode" wie im Vorjahr?
Bode: "Lager" ist das falsche Wort. Es ist eher so, dass unterschiedliche Gruppen unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Eine ganze Reihe von Bischöfen sieht etwa bei den Fragen um die wiederverheirateten Geschiedenen keine Möglichkeit von Veränderungen und konzentriert sich auf eine bessere pastorale Begleitung vor und während der Ehe - und auch nach dem Scheitern von Ehe. Da solle sich die Kirche mehr Zeit nehmen und zum Beispiel mehr katechetische Kurse anbieten. Ein großer Teil der Synodalen betont, dass der Wert und die Schönheit des Ehesakraments deutlicher vermittelt werden müsse. Andere plädieren für ein konkretes Entgegenkommen nach dem Scheitern einer Ehe.
Frage: Das klingt nach einer fehlenden Mehrheit für eine Reform im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen.
Bode: Sollte es aber nicht - denn man kann noch keine Mehrheitsverhältnisse erkennen. Das ist sehr offen, und die Äußerungen sind sehr unterschiedlich. Viele Synodale sind für sich noch nicht zu einem klaren Ergebnis gekommen. Es ist noch nicht abzusehen, wie die einzelnen Statements das Meinungsbild prägen. Das macht es ja so spannend. Zu sagen, ich erwarte keine Veränderungen, wäre zu früh. Am Ende muss der Papst entscheiden, wie er mit dem entstandenen Mehrheitsbild umgeht und mit denen, die anders denken.
Frage: Wo sehen Sie sich persönlich?
Bode: In meinem Redebeitrag bin ich dafür eingetreten, dass wir mehr beim Positiven ansetzen, was in den Partnerschaften gelebt wird. Dass wir Liebe und Treue in Gemeinschaften mehr wertschätzen, auch wenn es sich nicht um Ehen in unserem Sinne handelt. Ich halte es für wichtig, dass in der Debatte Raum offen bleibt für Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, für Wahrheit und Liebe. Das gilt auch für den Umgang mit vorehelichen Beziehungen. Viele junge Menschen leben zusammen, denken aber (noch) nicht ans Heiraten. Besonders zu ihnen braucht die Kirche einen besseren Kontakt, nicht erst in der unmittelbaren Ehevorbereitung.
Frage: Die deutsche Sprachgruppe gilt als eine Art "Synode im Kleinen" mit theologischen Schwergewichten, aber auch ganz konträren Positionen; siehe den reformerischen Kardinal Walter Kasper und den konservativen Glaubenspräfekten, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Kommt es da zu harten Auseinandersetzungen?
Bode: Sie dürfen sich das nicht so vorstellen, als ob da die Fetzen fliegen. Die Diskussion ist geprägt von ganz verschiedenen Meinungen, läuft aber auf einem sehr vernünftigen, argumentativen Niveau und in großer Sachlichkeit. Wir gehen die Abschnitte des Synoden-Arbeitspapiers Punkt für Punkt durch, und jeder macht seine Anmerkungen. Daraus ergibt sich eine Debatte über schwierigere Aspekte, und wir verfassen neue Texte. Das Arbeitspapier ist sehr bunt zusammengestrickt. Und die strittigsten Punkte diskutieren wir erst jetzt. Wir dürfen dabei nicht in Wortklauberei verfallen. Insgesamt leitet uns das Bemühen, einen gemeinsamen Weg zu finden, und wir kommen gut miteinander aus.
Frage: Der letzte Zwischenbericht Ihrer Gruppe zum zweiten Teil wurde als der theologisch ausgefeilteste aller 13 Zirkel gelobt. Können die Deutschsprachigen bei dieser Synode womöglich den Ausschlag geben?
Bode: Diese Erwartung wurde von außen geschürt wegen der wissenschaftlichen Qualität vieler ihrer Mitglieder und der Unterschiedlichkeit der Positionen. Ich hoffe, dass unser Ringen um Begriffe und den richtigen Weg für viele eine Hilfe sein kann, die sich über einige Punkte noch nicht im Klaren sind. Wenn eine Gruppe mit so verschiedenen Ansichten wie die deutschsprachige in ihren Texten zu einmütigen Ergebnissen kommt, kann sich das womöglich auf die ganze Synode übertragen.
Themenseite: Familiensynode
Vom 4. bis 25. Oktober 2015 tritt die XIV. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode unter dem Thema "Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute" zusammen. Die Themenseite bündelt die Berichterstattung von katholisch.de zur Synode.Frage: Eine große Rolle im Plenum spielt offenbar das Verhältnis von der Diversität der Ortskirchen und der Universalität der Weltkirche. Tun sich da inzwischen Bruchlinien auf?
Bode: Das ist schwer zu sagen. Ich sehe noch nicht, wie man das alles zusammenbringen kann. Die Ortskirchen der verschiedenen Kontinente stehen vor sehr unterschiedlichen Ausgangssituationen. Afrikaner denken etwa viel stärker im Sinne von Clan und Großfamilie; statt mit Scheidungen haben es die Bischöfe mit häufigen Fällen der Vielehe zu tun. Die Menschen im Westen sind individueller geprägt und haben eher die Kleinfamilie im Blick; über den Zusammenhang von Sexualität und Fruchtbarkeit gibt es unterschiedliche Auffassungen, auch in Bezug auf die Bewertung von Homosexualität.
Frage: Und die Frage nach einer größeren Eigenständigkeit der Ortskirchen?
Bode: Sie wird eine der wichtigsten in der dritten Synodenwoche sein, in der es um strittige Punkte geht. Das einigende Band ist immer eine Vorstellung von Ehe und Familie, die dem Auftrag Jesu Christi folgt. Das Christentum bildet eine Beziehung zu der lebendigen Person Jesus Christus, nicht zu einer satzhaften Wahrheit. Wir müssen von der Grundfrage ausgehen, wie die christliche Lehre und das Leben der Menschen am besten zusammenkommen. Es gibt eine Sehnsucht nach verlässlichen Beziehungen, nach Familie, nach Kindern. Das ist überall gleich. Wenn wir bei dieser Grundsehnsucht ansetzen und dann vielleicht zu unterschiedlichen Wegen kommen, ihr zu begegnen, kann die Verbindung aus Einheit und Vielheit der Kirche gelingen. Die historische Rede des Papstes am Samstag über die Synodalität der Kirche und über die Dezentralisierung hat mich da sehr ermutigt.
Frage: Wie würden sie Ihr Wunschergebnis für die Synode zusammenfassen?
Bode: Ich wünsche mir, dass wir zu einem Text kommen, der die Türen für Menschen in verschiedenen Lebenssituationen offen lässt. Dass wir aus der Spannung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Wahrheit und Liebe, Einheit und Vielheit einen Weg in die Zukunft eröffnen können - selbst wenn wir nicht sofort klare Methoden dafür haben. Dann kommt es darauf an, wie der Papst das Ganze annimmt und ausformuliert. Wie wir ihn kennen, wird er eine eher offene Sprache finden.