Der Friedenspapst
Geboren wurde der spätere Pontifex als Giacomo della Chiesa am 21. November 1854 in Genua. Als Sohn einer Adelsfamilie verlief seine Kindheit weitestgehend beschaulich. Obwohl er schon als Zwölfjähriger darüber nachgedacht haben soll, einmal Priester zu werden, strebte sein Vater nach einer anderen Laufbahn für seinen Sohn und sorgte dafür, dass der junge Mann Jura studierte. Mit Erfolg: Giacomo glänzte mit seinem Ehrgeiz und schloss das Studium mit einer Promotion ab.
Der Ruf Gottes ließ ihn trotzdem nicht los. Nach weiteren Studien in Rom wurde er 1878 zum Priester geweiht und stieg früh in höhere Kreise auf. Als Sekretär an der Nuntiatur in Madrid war er bald Vertrauter des zukünftigen Kardinalstaatssekretärs Mariano Kardinal Rampolla del Tindaro – und erarbeitete sich so auch das Vertrauen von Papst Leo XIII. Seine seelsorgerische Aufgabe vergaß Giacomo aber nicht: Er galt als engagierter Priester und Beichtvater. Am 25. Mai 1914 wurde er schließlich von Pius X., der Nachfolger Leos XIII. in den Kardinalsstand erhoben.
Ein Krieg mit globalem Ausmaß
Es war der 28. Juni 1914 als Europa auseinanderbrach. Es war auch der Tag, dessen Folgen das Pontifikat Benedikts VX. wie kaum ein anderes Ereignis prägte. Zwei Schüsse, abgefeuert von serbischen Attentätern, töten damals den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau, Herzogin Sophie. Nur einen Monat später erklärt Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, unterstützt vom Bündnispartner Deutschland. Was dann folgte, war ein Krieg, der zum ersten Mal globale Ausmaße annahm und mit seiner Zerstörungswut ein neues Zeitalter einläutete. Am Ende fanden mindestens 17 Millionen Menschen den Tod.
Das Konklave nach dem Tod Pius X., der sich ebenfalls für Frieden in Europa eingesetzt hatte, fiel in die ersten Wochen des Krieges. Heute vor 100 Jahren, nach zehn Wahlgängen stand es schließlich fest: Giacomo della Chiesa wird als Benedikt XV. Nachfolger Petri. Als man ihm sein Gewand anlegte, soll er geweint haben. Giacomo entschied sich entgegen anderer Überlegungen dafür, die feierliche Papstkrönung nicht bis zum Ende des Krieges aufzuschieben, sondern wählte als Datum bereits den folgenden Sonntag aus.
Schon in einer seiner ersten Äußerungen kritisierte Benedikt XV. den Kriegsausbruch und beklagte, dass in diesem Krieg das Blut der Christen fließe. Sein Wort stand in einem krassen Gegensatz zum Rest des Kontinents, in dem die Menschen – auch Katholiken – begeistert vom Krieg schwärmten . An deutschen Eisenbahnwaggons Richtung Front standen Sätze wie "Franzosen, Belgier, Serben, ihr alle müsst jetzt sterben".
"Grauenhaft nutzlose Schlächterei"
Deutlich rief Papst Benedikt XV. zum Frieden auf: "Wir mahnen und beschwören alle Kinder der Kirche und besonders die Regierenden. Wir bitten zu Gott damit er die Geißeln der Wut, durch seine Barmherzigkeit und Gerechtigkeit von den Sünden der Völker entferne", schrieb er im Apostolischen Schreiben "Ubi Primum" vom 8. September 1914. Ähnliche Worte fand er im Juli 1915 : Den Krieg bezeichnete Benedikt XV. da als "grauenhaft nutzlose Schlächterei".
Das gesamte Pontifikat Benedikts XV. war überschattet vom Krieg. Immer wieder bemühte er sich um den Frieden und Verständigung, schärfte seinen Priestern ein, nie "in der Sprache des Hasses" zu reden. Seinem Vorschlag, zu Weihnachten für wenigstens einen Tag die Waffen ruhen zu lassen, kam immerhin ein Teil der Kriegsparteien nach.
„Wir wollen unser Leben gern opfern für den Frieden der Welt“
Und dennoch: Der Erfolg seiner Worte war bescheiden. Auch wenn die Menschen nach den ersten gescheiterten Großoffensiven ernüchterten, die Verhandlungen zwischen den einzelnen Mächten blieben ohne Erfolg. Dies bekam auch Benedikt XV. zu spüren. In einem Rundschreiben an die Oberhäupter der kriegsführenden Völker 1917 forderte er erneut ein Ende des Krieges, wechselseitige Abrüstung, die Rückgabe besetzter Gebiete und vertrauensvolle Konfliktlösungen – vergeblich. Zudem hatte er darunter zu leiden, dass die einzelnen Kriegsparteien meinten, er würde die jeweiligen Gegner bevorzugen. Ein Trugschluss, wie spätere Untersuchungen feststellten.
Vielleicht versteht man das Wirken von Benedikt XV. im Nachhinein am besten, wenn man sich die Botschaft Papst Benedikts XVI. zum Weltfriedenstag 2006 anschaut: "Der Name Benedikt selbst, den ich am Tag meiner Wahl auf den Stuhl Petri angenommen habe, weist auf meinen überzeugten Einsatz für den Frieden hin. Ich wollte mich nämlich sowohl auf den heiligen Patron Europas, den geistigen Urheber einer Frieden stiftenden Zivilisation im gesamten Kontinent, als auch auf Papst Benedikt XV. beziehen, der den Ersten Weltkrieg als ein "unnötiges Blutbad" verurteilte und sich dafür einsetzte, dass die übergeordneten Gründe für den Frieden von allem anerkannt würden", schreibt er darin.
Kritik am Versailler Friedensvertrag
Als der Krieg endlich vorbei ist, steht Europa vor einem großen Trümmerhaufen. Sämtliche Euphorie ist angesichts der Toten und der Zerstörung verflogen. Es gibt neue Grenzen, neue Staatsformen, neue Herrscher. Sein weiteres Pontifikat nutzt Benedikt XV. dazu, die Wunden des Krieges zu heilen und bei der Versöhnung der Völker zu helfen. Er kritisierte in seiner Enzyklika "Pacem dei munus" den Versailler Friedensvertrag, der Deutschland und seinen Verbündeten die alleinige Kriegsschuld gab. Seiner Vorstellung nach könne dieser Vertrag nicht für einen dauerhaften Frieden sorgen, so die Meinung des Papstes.
Die letzten Monate seines Pontifikats waren von Benedikts Engagement geprägt, eine Hungersnot in Russland zu lindern. Wieder rief er die Öffentlichkeit zur Hilfe auf – doch sie hörte nicht. Er überwies eine Million Lire als Hilfsmaßnahme. Am 22. Januar 1922 starb Benedikt XV. im Alter von 67 Jahren an einer Lungenentzündung. Als letztes soll er gesagt haben: "Wir wollen unser Leben gern opfern für den Frieden der Welt." (aktualisiert September 2014)
Von Sophia Michalzik