"Neuevangelisierung muss sein"
Strukturreformen in Bistümern und andere administrative Maßnahmen reichten nicht aus. "Neuevangelisierung muss sein", forderte Cordes. Notwendig seien "überzeugte Repräsentanten", so der 81-Jährige in seinem Vortrag auf Einladung der Universitätsgesellschaft Münster.
"Es drängt mich, für den verdrängten Gott Boden gut zu machen", sagte Cordes. Er verwies auf den "Religionsmonitor" der Bertelsmann Stiftung, wonach sich 2008 zwar noch knapp zwei Drittel der Westdeutschen zu einer der beiden großen Kirchen bekannten, aber 85 Prozent von ihnen Gott nur noch als ein "gesichtsloses dunkles Wesen" ansähen. Nur 15 Prozent wendeten sich an Gott als "persönliches Du", so der Kardinal in seiner Rede zur Rolle der Religion in der heutigen Gesellschaft.
Chance für eine "Religion aus zweiter Hand"?
Die Christen seien in einem "Dilemma zwischen Glaube und Skepsis", beschrieb Cordes die Situation. Auf dieser Schwelle aber seien sie wieder bereit, "im Zeugnis anderer einen Weg zu sehen". Er folge dem kanadischen Philosophen Charles Taylor in der Ansicht, dass auch die säkularisierten Menschen sich "immer noch im Kraftfeld der Religion" befänden. Die Zahl der Suchenden nehme zu. Das sei die Chance für eine "Religion aus zweiter Hand". Diese Menschen könnten durch "Beziehungsgemeinschaften" wie etwa Gemeinden, Bibelgruppen und nicht zuletzt die Weltjugendtage zur Religion zurückgeführt werden.
Eine wichtige Rolle bei der Suche nach neuen Wegen zur Verkündung der christlichen Botschaft schreibt der 81-Jährige den neuen geistlichen Gemeinschaften zu. In ihnen werde das soziale Element des Glaubens gelebt. Sie vermittelten oftmals Spaß am Glauben. Jeder könne aber das Seine beitragen, so der Kardinal. "Wir müssen aus der Konsumentenhaltung herauskommen. Es braucht mehr eigenes Zeugnis", forderte der Kardinal vor mehr als 300 Gästen des Förderkreises der Westfälischen Wilhelms-Universität. (KNA)