Zentralkomitee der deutschen Katholiken wählt neuen Präsidenten

Wahlkampf unter Laien

Veröffentlicht am 17.11.2015 um 00:01 Uhr – Von Bernward Loheide (dpa) – Lesedauer: 
Mitglieder des Zentralkomitees der deutschen Katholiken bei einer Abstimmung.
Bild: © KNA
Laien

Bonn ‐ Die kommende Vollversammlung des ZdK wird dem obersten deutschen Laien-Rat einen neuen Präsidenten bringen. Ebenfalls neu: Mit Maria Flachsbarth (CDU) und Thomas Sternberg (CDU) treten erstmals zwei Kandidaten in einer Kampfabstimmung gegeneinander an.

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"Laie" - das klingt wie ein Schimpfwort, ist in der Kirche aber ein Ehrentitel, denn gemeint ist: der getaufte Christ, der dem Volk (griechisch: laos) Gottes angehört, ohne ein Geistlicher zu sein. In keinem anderen Land der Welt haben die katholischen Laien ein so weit verzweigtes System von Mitsprachemöglichkeiten in Verbänden, Gremien und Diözesanräten aufgebaut wie in Deutschland. Und selten zuvor konnten sie ihren Einfluss so stark geltend machen wie in den vergangenen Jahren.

"Es ist unstrittig, dass das ZdK für die Entwicklung der Kirche seit dem Missbrauchskandal eine ganz wesentliche Bedeutung hatte", sagt der scheidende Präsident Alois Glück. "Auch bisher skeptische Bischöfe erkennen das jetzt an." Kurz nachdem Glück vor sechs Jahren ins Amt kam, wurde der vielfache Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester und Ordensleute bekannt. Die Kirche stürzte in die größte Krise ihrer Nachkriegsgeschichte.

Mit Glück geht ein Vermittler und Lobbyist

Dass sie diesen Skandal aufgearbeitet hat, dass ein angstfreies innerkirchliches Klima entstehen konnte - das kann Glück zum Teil auch sich und seiner Integrationskraft zuschreiben. Dem ehemaligen CSU-Politiker ist es gelungen, zwischen konservativen Oberhirten und ungeduldigen Reformkatholiken an der Basis zu vermitteln. Mit seiner langjährigen politischen Erfahrung und seinen Kontakten nach Berlin konnte er auch gesellschaftspolitisch punkten. Der Beschluss des Bundestags, die medizinische und pflegerische Versorgung sterbender Menschen zu verbessern und geschäftsmäßige Sterbehilfe zu verbieten, geht auch auf erfolgreiche kirchliche Lobbyarbeit zurück.

CSU-Mann Alois Glück steht seit 2009 an der Spitze des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
Bild: ©picture alliance / dpa

CSU-Mann Alois Glück steht seit 2009 an der Spitze des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Damit diese Stimme der Laien auch künftig Gehör findet, soll wieder ein Politiker an die Spitze: entweder der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Thomas Sternberg oder die Bundestagsabgeordnete Maria Flachsbarth (beide CDU). Für Sternberg (63) spricht: Er ist ein ZdK-Urgestein, der auch als Direktor der katholischen Akademie des Bistums Münster über vielfältige Kontakte verfügt. Seine Kompetenz für das Amt ist über jeden Zweifel erhaben.

Frauenbund-Chefin gilt als Favoritin

Dennoch gilt Flachsbarth (52) als Favoritin. Denn sie ist jünger und als Frau ein Beweis dafür, dass Führungsfunktionen in der katholischen Kirche nicht von Männern besetzt werden müssen. Dem ZdK gehört sie erst seit 2011 an. Aber als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesagrarministerium und als Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) bringt sie wichtige Voraussetzungen für das Spitzenamt mit.

Egal, wer gewählt wird: Die Kirche wird in den nächsten Jahren weiter an Mitgliedern, Einfluss und Macht verlieren. Immer weniger Christen sind bereit, "in die Spannungsfelder des öffentlichen Lebens zu gehen und sich dort zu engagieren", wie Glück sagt. "Das ist eine meiner größten Sorgen für die Zukunft."

Von Bernward Loheide (dpa)