Ein Euro für das Münster
Noch vor Weihnachten, im Zuge der Vorstellungen der Finanzplanungen für den Doppelhaushalt 2016/17, will auch das Erzbistum Freiburg als eine der größten deutschen Diözesen erstmals einen umfassenden Überblick über seine Finanzsituation geben. Und: Zum neuen Jahr wird die Finanzaufsicht des Bistums neu geregelt.
Dann nimmt ein neuer Diözesanvermögensverwaltungsrat seine Arbeit auf. Das Domkapitel soll die seelsorgerischen Gesichtspunkte von Finanzentscheidungen im Blick behalten. "Bislang war das Aufsichtsgremium mit Spitzenvertretern der kirchlichen Verwaltung besetzt, das wird nun anders", so der Verwaltungschef des Bistums, Generalvikar Axel Mehlmann. Statt interner, künftig also externe und - so verspricht es das Erzbistum - unabhängige Kontrollen.
Gewählte Experten sollen für Unabhängigkeit sorgen
Drei Mitglieder kommen aus dem Kirchensteuerparlament, jenem gewählten Gremium, das über die Verwendung der Kirchensteuern als wichtigster und größter Einnahmequelle für die kirchliche Arbeit entscheidet. Hinzu kommen zwei vom Erzbischof berufene externe Experten. Der Generalvikar gehört dem Vermögensverwaltungsrat zwar an, hat aber kein Stimmrecht. Diözesanökonom Michael Himmelsbach, der Leiter der kirchlichen Finanzabteilung, ist gegenüber dem Rat rechenschaftspflichtig.
Die Anstöße zur neuen Finanzkontrolle kommen direkt von Erzbischof Stephan Burger. "Mir ist wichtig, durch die neuen Strukturen deutlich zu machen, dass die Kirche verantwortungsvoll mit den ihr anvertrauten Geldern umgeht. Keineswegs will ich in Gutsherrenart im Geheimen entscheiden", betont Burger.
Am 12. Dezember will das Kirchensteuerparlament erstmals eine Geschäftsbilanz, also einen Jahresabschluss 2014 für das Bistum vorlegen. Dem Vernehmen nach wird es um eine Bilanzsumme von rund 900 Millionen Euro gehen. Angekündigt ist auch eine Übersicht über kirchliche Immobilien, Anlagevermögen, Stiftungen und den Besitz des sogenannten Bischöflichen Stuhls. Keine einfache Aufgabe, da unter dem Dach des Bistums fast 2.000 eigenständige Rechtsträger, vor allem die Pfarreien, agieren. "Kirche ist eben kein Konzern", so Himmelsbach. Hinzu kommen die Rückstellungen für die Altersbezüge der kirchlichen Mitarbeiter. "Wir stehen in der Pflicht, solide zu wirtschaften, um die Altersbezüge unser engagierten Mitarbeiter langfristig finanzieren zu können", betont der Jurist und Finanzexperte.
Themenseite: Kirchensteuer
Mitglieder der Kirche, die in Deutschland lohn- oder einkommenssteuerpflichtig sind zahlen Kirchensteuer. Damit tragen und unterstützen sie die Arbeit der Kirche. Auf dieser Themenseite finden Sie unsere aktuelle Berichterstattung dazu.Äußerst schwierig ist seinen Angaben zufolge die Bewertung kirchlicher Gebäude. "Alles, was wir nie verkaufen wollen oder können, wird deshalb mit dem symbolischen Wert von einem Euro in die Bilanz eingehen." Das Freiburger Münster, das Priesterseminar, die Pfarrkirchen werden also mit einem Euro bewertet. Vermietete Immobilien dagegen mit ihrem Marktwert. Mit diesem Vorgehen folgt Freiburg dem Beispiel anderer Diözesen: Auch der Kölner Dom steht seit diesem Jahr mit einem Euro in den kirchlichen Büchern.
Freiburger Modell als bundesweites Vorbild?
Vom nach dem Limburg-Skandal ausgegebenen Ziel, bundesweit einheitliche Transparenz- und Kontrollstandards für kirchliches Vermögen zu finden, sind die 27 Bistümer allerdings noch immer ein ganzes Stück entfernt. Das Freiburger Modell einer Finanzkontrolle mittels Vermögensverwaltungsrat stößt aber offenbar auch in anderen Bistümern auf Interesse. Mehlmann weist zugleich auf den für ihn entscheidenden Punkt hin: "Zu guten Strukturen muss auch ein offenes Diskussionsklima kommen, das sachliche Debatte und Widerspruch ermöglicht." Denn auch in Limburg gab es einen Vermögensverwaltungsrat. Der nickte aber schlicht alles Geschäftsgebaren der Bistumsführung rund um das Bischofshaus ab. Das soll in Freiburg anders sein.