Wider die Untergangsprediger!
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Deutschland ist ein christliches Land. Zwei Drittel der Deutschen gehören einer christlichen Kirche an, und vom restlichen Drittel gehören die meisten nicht anderen Religionen an, sondern waren früher selbst Christen oder sie stammen aus christlichen Familien. Unsere Rechtsordnung fußt auf der Menschenwürde - der säkularen Formulierung der Gottesebenbildlichkeit. Unsere Gesetze privilegieren die christlichen Kirchen: Mit staatlich verordneten christlichen Feiertagen, mit einem Staatskirchenrecht, das so recht nur auf das christliche Verständnis passt, wie eine Glaubensgemeinschaft sich organisiert.
Und es ist völlig unstrittig, dass unsere christlich-jüdisch grundierte Kultur - in der Gesellschaft wie in der Politik - weiterhin das Leitbild ist. Eine Kultur, die ihren Ausgang auf drei Hügeln - Golgotha, Akropolis und Capitol; Christentum, Vernunft und Recht - genommen hat, und die ihre Kraft in ihrer Attraktivität, ihrer Integrations- und Anschlussfähigkeit, für Christen wie Nichtchristen, beweist.
Eigentlich gibt es keinen Grund, einen Untergang des Abendlandes zu beklagen. Im Gegenteil: Dieses Abendland ist ein Hoffnungsort für alle, die sich danach sehnen, frei und in Wohlstand zu leben - und angesichts der Flüchtlinge werden dieses Abendland und seine christlichen Fundamente so belebt wie schon lange nicht.
Aber es ist einfach und bequem, den Untergang des Abendlandes zu beklagen, nur weil sich etwas ändert: Wenn Flüchtlinge unsere Behauptung von Menschenwürde für alle beim Wort nehmen und zu uns kommen. Wenn Muslime, die längst Deutsche sind, unsere Behauptung von Religionsfreiheit beim Wort nehmen und Moscheen bauen.
Wenn Angela Merkel angesichts Millionen von Flüchtlingen dem Defätismus der Untergangsprediger trotzig-optimistisch ihr "Wir schaffen das!" entgegenstellt, dann stellt sie sich damit einer wohligen Lust am Verfall entgegen, die patriotisch und konservativ und wertebewusst tut, aber nichts davon ist: Patriotisch ist weder kleinlicher Nationalismus noch Fremdenfeindlichkeit. Konservativ ist es nicht, trotzig so zu tun, als bliebe die Welt stehen, als könnte jede Herausforderung gelöst werden mit einem "Weiter so wie immer schon und bloß nichts ändern". Und ganz bestimmt ist es nicht wertebewusst - jedenfalls nicht, wenn die Werte christlich, "abendländisch" und "europäisch" sein sollen -, angesichts der Not und des Elends den Menschen, die hier Zuflucht suchen, noch das Nötigste zu neiden.